iveline
Leon ist ein echter Kerl. Zumindest bezeichnet er sich als solcher. Was ein richtiger Kerl überhaupt ist? Das ist irgendwie gar nicht so einfach, halt das was sich ein 11-jähriger Junge, welcher in solchen Rollenbildern denkt, darunter vorstellt. Als sein Vater den Urlaub mit seinem Sohn absagt, hat Leon keine Lust mehr und reist zu seinem Onkel Mike in die Bergen. Leon hält auch Onkel Mike für einen richtigen Kerl, denn der war ein sehr erfolgreicher Gangsterrapper, doch als Leon bei Onkel Mike eintrifft, wird im schnell klar, dass so ein echter Kerl eben irgendwie doch nicht so der Hammer ist. Gemeinsam mit Onkel Mike erlebt Leon einen aufregenden Sommer inklusive Schuhbeerdigung, Wasserfallsprüngen und jeder Menge anderen verrückten Erlebnissen. Dabei versucht er seinem Onkel auch gleich noch dabei zu helfen einen neuen Hit zu schreiben. Ob es klappt und warum es gar nicht so leicht ist ein echter Kerl zu sein, erzählt Alice Gabathuler auf eine sehr humorvolle Art. In einer sehr lockeren Sprache und mit witzigen Dialogen erzählt sie die skurrile Geschichte von Leon. Die Sprache ist sehr passend für die Zielgruppe und weder zu leicht noch zu anspruchsvoll. Ein weiterer Pluspunkt ist die Direktheit mit der Gabathuler schreibt. Sie haucht ihren Figuren Leben ein, verleiht ihnen eine eigene Sprechweise und, da kommen wir auch bereits zum wichtigsten Punkt, ihre eigene Denkweise. Leon ist nun mal einer dieser Jungs, die immer noch in Rollenbilder denken und das Gefühl haben einem gewissen Standard zu entsprechen um als echter Kerl durchzugehen. Diese Kinder gibt es massenhaft und auch wenn man sich wünschen mag, dass es nicht so wäre, ist es daher schon mal logisch, dass Kinderbücher nun mal realitätsnah bleiben dürfen & darum auch Charaktere dabei sein können, die nicht so denken, wie man es sich wünscht. Genauso wie es heute noch Menschen gibt, die «Mädchen», «Behinderter» oder «Schwuler» als Beleidigung verwenden. Nun mag es Argumente geben, dass Kinderbücher ein positives Bild vermitteln sollen und Kinder in ihrer Entwicklungsphase unterstützen sollen. Das verstehe ich grundsätzlich auch. Aber Punkt eins: auch als Kind kann man es bereits dumm finden, wenn jemand «Mädchen» als Beleidigung verwendet oder das Gefühl hat er müsse ein echter Kerl sein. Man darf auch mal Charaktere zeigen, die nicht perfekt sind und eine eingeschränkte Denkweise haben, denn als Kind (zumindest ab einem gewissen Alter!) ist man durchaus in der Lage zu urteilen. Natürlich sieht das aber gerade bei Bilderbüchern oder Vorlesebücher für kleinere Kinder anders aus. Zweiter Punkt: Alice Gabathuler bricht Rollenbilder und Klischees gerade damit, dass sie Leons Plan ein echter Kerl zu sein, scheitern lässt und beweist, dass auch Mädchen mutig sind und Mike als Echtes-Kerl-Vorbild eben auch nicht wirklich ein schönes Leben hat. Fazit Alice Gabathuler beweist mit Ich, Onkel Mike und Plan A, dass sie auch Kinderbücher schreiben kann. Und zwar genauso eigene wie ihre Jugendbücher. Da muss nicht alles perfekt sein, nicht alles der gewünschten Denkweise entsprechen. Es darf Charaktere geben, die politische und gesellschaftlich inkorrekte Aussagen treffen und gleichzeitig bricht Gabathuler diese Klischees auch immer wieder gekonnt, so dass schlussendlich eine Geschichte entsteht, die einerseits wunderbar unterhält und viele verrückte und humorvolle Momente beinhaltet, andererseits aber auch den Leser/die Leserin dazu herausfordert sich darüber Gedanken zu machen, was ein ‘’echter Kerl’’ überhaupt sein soll und wie man dazu steht, wenn jemand ‘’Mädchen’’ als Beleidigung verwendet. So vergebe ich 4,5 von 5 Sterne für dieses Buch, weil es mir sehr gut gefallen hat, ich mich mit dem Thema auseinandersetzen konnte und zum Schluss gekommen bin, dass es nicht nur gesellschaftlich/politisch korrekte Bücher braucht, sondern eben auch die realitätsnahen.