Bris Buchstoff
Pariserinnen haben in aller Welt einen besonderen Ruf, gelten immer als modisch Up-to-date und dabei lässig, eigensinnig und doch gefallen sie. Sie pflegen sich und ihren Körper, weil sie Mutter Natur dafür dankbar sind, wobei Ihnen Fönfrisuren und Schönheitskorrekturen zu wider sind. Gleichzeitig sind sie die emanzipiertesten Frauen, die ich kenne, weil sie sich von ihren männlichen Landsgenossen nicht einschüchtern lassen und für ihr Recht auf freie Selbstbestimmung bereits seit der Französischen Revolution kämpfen. 1791 erschien ein Manifest über die Rechte der Frau und Bürgerin – in großer Eile von Olympe de Gouges verfasst – das als Protest gegen die Privilegien der Männer, die in der Verfassung festgeschrieben waren, zu werten ist. Zwei Jahre nach dem Erscheinen des Manifests wurde das Todesurteil gegen die Verfasserin durch die Guillotine vollstreckt. Olympe de Gouges war keine geborene Pariserin, kann aber getrost als solche gelten. Unerschrocken sind sie also die Pariserinnen, wenn es darum geht, die Männer in ihre Schranken zu weisen. Aber alles ganz bierernst zu nehmen, das ist nicht das Ding einer wahren Pariserin im Herzen – Herkunft ist nicht ausschlaggebend, um eine zu werden. Kunstausstellungen und Museen besuchen, die aktuelle Tagespolitik verfolgen, sich auf dem Laufenden halten, was Kino und Theater bieten, köstliche Speisen, die viel Aufwand bereiteten lässig und gut gelaunt servieren … all das gehört wohl dazu. Kann eine Person tatsächlich so vielschichtig sein, hat sie so viel Zeit, das alles unter einen Hut zu bringen – und nebenher sich auch noch um die Familie zu kümmern? Offensichtlich ja … aber mit Hilfe anderer und einer gesunden Portion Egoismus. Was ich persönlich an solchen Frauen so sehr bewundere ist die Tatsache, dass sie sich einfach mal nehmen, was sie brauchen und was ihnen zusteht. Ohne schlechtes Gewissen, mit Gespür für etwas Luxus und ohne das Gefühl sich dabei ständig erklären zu müssen. Dabei bleiben sie unglaublich authentisch und geben nicht nur der Männerwelt das ein oder andere Rätsel auf. Ob das Ganze in einem Burn-Out endet, wie es wohl einige ernstzunehmende Studien über französische Frauen nahe legen, weiß ich nicht zu sagen. Der Hang zum Perfektionismus allerdings ist dem weiblichen Geschlecht, gleichgültig welcher Nationalität, eigen und hier liegt der Punkt, an dem jede Frau für sich selbst entscheiden muss, was ihr tatsächlich gut tut und was nicht. Das lernt Frau nicht aus Büchern, seien sie noch so stylisch aufgezogen. Und weil die Pariserin so wandelbar und individuell ist, braucht es auch vier Frauen, die kleinen Geheimnisse – ich bin mir sicher, dass es nicht alle sind – zu lüften: Anne Berest (Regisseurin, Autorin)· Audrey Diwan (Journalistin, studierte Politologin, Filmschaffende) · Caroline de Maigret (Studium der Literatur an der Sorbonne, Fotomodell, Gründerin eines Musiklabels, Unterstützerin von Care Projekten zur Frauenförderung) · Sophie Mas (Filmproduzentin in NY, Sao Paulo und LA). Vier durchweg aktive, intelligente, attraktive, selbstbewußte und erfolgreiche junge Pariserinnen. In ihrem schön gestalteten Buch How to be Parisian wherever you are erfährt man so einiges auch über die vier Damen selbst, die sich nicht scheuen, von perfektem Nicht-Perfektionismus zu sprechen. Ratschläge bekommt man einige, nicht immer muss man alle ernst nehmen doch unterhaltsam sind sie durchweg. Selbstironisch und damit äußerst sympathisch räumen sie auf mit der Legende, dass Frauen zurückstecken müssten oder wenn sie sich um sich selbst kümmern zumindest ein schlechtes Gewissen haben. Mit den Männern solle man leben, sich nicht reiben, so ihr Rat – höchstens im Bett. How to be Parisian wherever you are ist sicher kein Buch, das man literarisch betrachten sollte, aber es ist durchaus inspirierend und ein Aufruf dazu, den eigenen Stil zu entwickeln, denn nur darum geht es im Grunde. Fast ein kleines Coffetable – Book, in das man hin und wieder einen Blick wirft. Ein bißchen Luxus darf man sich schon ab und zu gönnen, ganz im Sinne eines augenzwinkernden ” Wenn Du nur einen Pullover im Schrank hast, dann lass es einen aus Kaschmir sein.”