Sarina
Ehrlich gesagt liebe ich solche „Was wäre, wenn…“ – Romane, die für uns nicht vorstellbare Zukunftsvisionen thematisieren. Klar denkt man sich im ersten Moment, dass etwas in Wirklichkeit nie passieren könnte, doch wenn man ein bisschen darüber nachdenkt, findet man das ganze doch nicht mehr so fern hergeholt. z.B. Die Idee einen mutierten Virus als Auslöser für den Hass zwischen Mann und Frau zu erfinden. Diesen Gedanken finde ich gar nicht abwegig, schließlich werden heutzutage ständig neue Medikamenten erfunden. Da ist eine Veränderung des ursprünglichen Ziels nicht unwahrscheinlich. Warum also nicht? Hier in diesem Buch beschäftigt sich Thomas Thiemeyer mit der Frage „Was wäre, wenn das weibliche und männliche Geschlecht einen derart brutalen Hass gegeneinander entwickeln würden?“ und schildet äußerst eindrucksvoll, wie sich das Zusammenleben gestalten würde. Für die Frauen, gelten Männer nur als “Teufel”. Männer dagegen sehen Frauen als “Hexen” an, die ihresgleichen böse verzaubern und willenlos machen. Ein Miteinanderauskommen ist in beiden Augen unmöglich, sodass ihnen nichts anderes übrig geblieben ist, als sich ein komplett neues Leben (ohne jegliche Zivilisation, Strom, Licht und fließend Wasser) aufzubauen. Für mich nicht gerade die typische Zukunftsaussicht. Schließlich denkt bei „Zukunft“ eher an Fortschritt und Hightech. Aber, es kann auch vollkommen anders aussehen: statt Fortschritt lieber auf altbewährte Mittel zurückgreifen. Ich würde sogar soweit gehen und es als mittelalterlich bezeichnen! Im Kloster werden Kerzen verwendet, brüchige und schwerentzifferbare Bücher, die aufwendig von Hand restaurierte und abgeschrieben werden. Juna, die morgens einen Eimer Wasser aus dem Brunnen holen muss, nur wenige können lesen und schreiben, Ziel des Lebens ist es in Harmonie mit seinen Klosterbrüder und der Natur zu leben oder eine gute Kriegerin oder möglicherweise die neue Hohepriesterin zu werden. Angepasste Denkweisen und ein Fügen dem Vorgelebten. Jedoch ganz ohne einander, kommt die Menschheit dann doch nicht aus. In regelmäßigen Abständen dürfen die Männer in die Dörfer der Frauen kommen, um sich einen Ernteteil zu nehmen, und empfängnisbereite Frauen zu schwängern. Auch ein weiteres Beispiel für veraltete Ansichten. Die Frau arbeitet und gebärt die Kinder für den Mann. Na wenn das keine tollen Aussichten sind!? Der Kern der Handlung spielt allerding, wie in vielen Romanen, die Liebesgeschichte, die hier erst knapp bei der Hälfte des Buchs ihren Anfang findet. Für mich etwas überraschend. Hinterher betrachtet gefiel mir diese Besonderheit, da man durch die genauen Beschreibungen sehr schnell die Welten von David und Juna kennengelernt hat und sich somit gut in der Geschichte einfinden und mit den Charakteren warm werden konnte. Ich muss sagen, dass sie mir im Laufe sehr ans Herz gewachsen sind und mich in ihren Bann gezogen haben. Es war soo schön zu lesen, wie sie sich einander angenähert und verliebt haben -fast wie Romeo und Julia. Am besten war jedoch, dass sie begannen, sich gegen die eingefahrenen Meinungen und Verhaltensweise aufzulehnen, um etwas zu verändern (war etwas voraussehbar :)). Der Titel „Das verbotene Eden“ spielt darauf an, dass Männer und Frauen einst in einem friedlichen Garten zusammen lebten. David und Juna würden auch gerne gemeinsam in solch einem Paradies leben. Thomas Thiemeyers Schreibstil lässt sich sehr gut und flüssig lesen. Obwohl wir uns in der Zukunft befinden gleicht die Sprache eher der aus dem Mittelalter. Jedoch gibt es ab und zu auch modernere Dialoge. Die Erzählperspektive wechselt kapitelweise zwischen Männer, durch David, und Frauen, durch Juna, wodurch Einblicke in die Gedanken beider Geschlechter ermöglicht werden und die Handlung abwechslungsreich gestalten. Außerdem gibt es noch eine äußere Aufteilung in "Vermächtnis", "Verrat" und "Vergeltung", denen jeweils ein Dokument, aus der Zeit kurz vor den „dunklen Jahren“ vorangestellt sind und einen Einblick in die damalige Gesellschaft kurz vor dem Zusammenbruch geben. Es gelingt dem Autor Spannung aufzubauen, sodass man es bis zum Ende kaum noch aus der Hand legen konnte. Ergänzt wird der Text an passenden Stellen durch Shakespeare Zitate, die der Übersetzung von August Wilhelm Schlegel folgen und von Ludwig Treck ergänzt wurden. Mein Fazit Ich bin von „Das verbotene Eden“ total begeistert, obwohl ich die Zustände die zwischen Männer und Frauen herrschen, sehr erschreckend und bedrückend fand. Auf beiden Seiten gab es Charaktere, die von ihrem Hass auf das andere Geschlecht dermaßen verblendet waren und alles dafür getan haben, dass dieser Hass vertieft wird. Das war für mich unbegreiflich! Zum Ende hin wird das Buch immer spannender, sodass man es fast nicht mehr aus der Hand legen kann. Ein Hindernis um das andere gilt es zu überwinden. Und selbst das Ende hat für mich den Spannungsbogen nicht abbrechen lassen. Es verspricht nur noch mehr Abenteuer. Ich hatte schon lange nicht mehr so einen Spaß beim Mitlesen und freue mich bereits jetzt schon den Folgeband “Das verbotene Eden: Logan und Gwen” zu lesen.