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mabuerele

Posted on 20.4.2020

„...Der einzige bunte Klecks Farbe in dem Zimmer war ein großes Bild über dem Kopfende des Bettes...“ Joana lebt mit ihren Eltern in London. Der Vater ist meist als Offizier auf See unterwegs. Als ihre Mutter schwer erkrankt, schickt sie Joana zu Tante Hilda auf Echo – Hall. Den Eindruck von ihrem Zimmer dort gibt das Eingangszitat wieder. Der Autor hat ein spannendes, phantasievolles und informatives Kinderbuch geschrieben. Tante Hilda arbeitet für Sir Albert. Dem Altertumsforscher gehört das Anwesen. Er ist nicht mehr an Kinder gewohnt und stellt klare Regeln auf. „...Du wirst dich also auf eine Frage pro Abend beschränken. So wirst du lernen, dich auf das Wesentliche zu Beschränken und deinen Geist in Disziplin zu üben...“ Tante Hilda wirkt auf mich sachlich. Sie setzt sich allerdings konsequent für Joana ein, wenn sie es als notwendig erachtet. Fanny, die Köchin, ist dagegen eher der mütterliche Typ. Der Schriftstil ist für die Zielgruppe angemessen. Das zeigt sich insbesondere bei der Beschreibung der verschiedenen Kunstepochen. Eines beschäftigt Joana sehr. Das Haus ist voller Gemälde. Ein Vorfahr von Sir Albert war Maler. Und auf diesen Gemälden entdeckt Joana Besonderheiten. Ihr wird das so erklärt: „...Sie sehen, was sie wissen. Sie wissen, dass in meinem Bild nur ich bin und eine Ente, aber keine nackte Nymphe. Also sehen sie sie auch nicht...“ Für Joana beginnt eine abenteuerliche Reise durch das Haus und seine Bilder. Dabei erfährt sie, was Impressionismus bedeutet, wie ein Aquarell gemalt wird und welchen Sinn die Aktmalerei hat. Ab und an wird sie in fast philosophische Sphären geführt. So geht es um Bildwirklichkeit, um die Frage, was Kunst ist, und um den Zusammenhang zwischen Magie und Kunst. „...Ich bin nur ein Bild. Ein Schattenwurf, ein Echo eines Menschen...“ Nebenbei erfährt Joana das eine oder andere über die Vergangenheit der Familie. Auch Sir Albert taut nach und nach auf. Joanas erfrischende und wissbegierige Art tut ihm gut. Er erlaubt ihr zum Beispiel den Besuch seiner Bibliothek. Es geht nicht nur um Bilder, auch um Bücher. Damit kann Joana ihr Wissen vertiefen. Die Beschäftigung mit Kunst und Literatur lenkt sie von der Sorge um die Mutter ab. Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es geht in die Tiefe und lässt Kunst aus einem völlig neuen Blickwinkel erleben, im fast wörtlichen Sinne von innen heraus. Mit einem letzten Zitat möchte ich meine Rezension beenden: „… Ein Bild ist gewissermaßen ein Stück eingefrorenes Leben...“

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