sommerlese
Claire Durant stammt aus einem kleinen Fischerort in der Bretagne und hat sich mit einer Lüge ihre Karriere erschummelt, sie arbeitet für ein Berliner Gourmet-Magazin. Dort gilt sie als Französin aus Paris mit einem abgeschlossenen Kunststudium. Sie hat schon seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter und Schwester, doch als ihre Mutter ins Krankenhaus muss, soll sich Claire um ihre gehörlose Schwester Maelys kümmern. Claire beugt sich dem Wunsch und trifft in der alten Heimat ihre Jugendliebe wieder. Doch nicht nur ihre Gefühlswelt wird durcheinander gewirbelt, denn als ihr Chef in der Bretagne auftaucht, ist das Chaos perfekt. Claires Lügengebilde sorgt unter den Dorfbewohnern für reichlich Turbulenzen. Kann sie die Lüge verbergen? "Genau das bist du für mich, Claire. Ein Meer mit mehr als zwanzig Blautönen, und egal, wie oft ich hinsehe, es kommt jedes Mal eine weitere Nuance hinzu, die etwas in mir berührt." Zitat Seite 255 In diesem Roman hat mich das Zusammenfinden der zwei Schwestern und ihre Suche nach den eigenen Wurzeln und dem wahren Zuhause ihres Herzens am meisten gerührt. Claire Durant bzw. Gwenaelle, wie sie eigentlich heißt, ist eine Figur, die ihre Karriere auf ein Lügengebilde gebaut hat. Sie ist also keine Person, von der man sofort sympathisch angezogen wird. Mit ihrem Auftreten in Berlin täuscht sie eine Frau von Welt vor, dabei hat sie Charme und Humor und gar keinen Grund für diese Täuschung. Die Reise in den Heimat, die Bretagne ändert alles. Dort findet sie wieder den Kontakt zu ihrer Schwester Maelys und auch alte Freunde kommen ihr wieder ganz nah. Schwierig gestaltet es sich allerdings, als ihr Chef aus Berlin auftaucht. Aber auch die Erinnerung und Trauer an ihren verstorbenen Vater macht sich wieder breit. Mir hat der Schreibstil von Claudia Winter sehr gut gefallen, sie vermag es bildhaft zu erzählen und bringt die landschaftliche Szenerie anschaulich zum Ausdruck. Auch das Dorfleben mit seinen verschiedenen Charakteren und den Traditionen bringt eine gehörige Portion Flair in die Geschichte, die Rezepte und französischen Besonderheiten im Anhang sorgen für ein bretannisches Stimmungsbild und machen Lust auf ein nachbacken bzw. -kochen. Durch Claires Lügen konnte ich mit ihr nicht richtig warmwerden. Dennoch habe ich gespannt die Verwicklungen verfolgt. Meine Lieblingsfigur war ihre Tante Valérie und die gehörlose Schwester Maelys, die trotz ihrer Taubheit ihren Lebensweg gefunden hat. Claudia Winter zeigt eine berührende Geschichte, die sich um gegenseitiges Vertrauen, um Trauer und Lebensziele dreht. Sie lässt Claire mit ihrer Flucht und ihren Lügen vor Problemen fliehen, aber sie macht auch deutlich, dass man mit der Vergangenheit nie ganz abschliessen kann und seine eigenen Wurzeln zum Leben dazugehören. Eine charmante Geschichte, die besonders mit den schönen landschaftlichen Beschreibungen punkten kann. Dieser Roman zeigt Gefühle, bringt die bretonische Lebensart nahe und unterhält mit lustigen Szenen. Wer die Bretagne liebt, wird auch diesen Roman lieben und gern mitreisen.