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Babscha

Posted on 19.4.2020

Es ist die harte Welt der New Yorker Bronx, in der Milano Prieto, der tragische Held dieses Buches, in den Siebzigern als weißer, blonder Adoptivsohn afrokubanischer Eltern aufwachsen muss. Als sei dies nicht genug, verliert seine Mutter durch einen tragischen, durch ihn im zarten Alter von fünf Jahren verschuldeten Autounfall das Leben und er sowohl seinen linken Arm wie auch die Zuneigung seines Adoptivvaters, der ihn danach nur noch als verhasstes Anhängsel ablehnt. Und fortan ist er auch auf der Straße nur noch der von allen herumgeschubste und misshandelte Krüppel, der irgendwann auf die schiefe Bahn gerät, mit achtzehn im Jugendknast landet, dann ein Jahr später jedoch die einmalige Chance erhält, in ein Resozialisierungsprojekt eines Colleges in Maine aufgenommen zu werden und einen Weg zurück in die Normalität zu finden. Ein Buch mit Stärken und Schwächen. Großartig gelungen ist die sich mit fortschreitender Lektüre immer mehr konturierende Figurenzeichnung eines wirklich bedauernswerten Jungen, für den das Schicksal nicht viel Positives im Leben bereithält und den -neben seinem körperlichen Handicap- sein unverarbeitetes Schuldtrauma durch seine ganze Kindheit und Jugend begleitet und fast schon zwangsläufig immer mehr zu einem zynischen, gleichgültigen Arschloch voller unterdrückter wie ausgelebter Aggressionen mutieren lässt. Hadden schafft es meisterhaft, in ständig wechselnden Zeitsprüngen zwischen dem Heute und dem Gestern die emotionale Waage des Lesers zu seiner Hauptperson immer wieder auf unterschiedlicher Seite ausschlagen zu lassen im Verständnis für dessen Zerrissenheit in seinem morbiden, leeren Inneren, seinem Wunsch, einfach „unsichtbar“ zu werden und zu verschwinden einerseits, und seinem gleichfalls immer vorhandenen, unstillbaren Wunsch nach innerer Nähe zu irgendeiner Person, die es gut mit ihm meint. Und da gibt es eigentlich nur eine Einzige, nämlich einen Musikerfreund seines Vaters, den er Onkel nennt und dem später noch eine gewichtige Rolle zuteil werden wird. Leider entwickelt sich die ganze Geschichte dann im letzten Drittel des Buches in eine zumindest nach meinem Empfinden irgendwie zu konstruiert wirkende Richtung und verliert damit deutlich an Drive und Intensität. Das ist sehr schade, denn das mindert eben auch das Leserinteresse am Fortgang der Ereignisse und ob bzw. wie sich für Milano dann die Dinge, insbesondere auch mit Blick auf dessen Wunsch, mehr über seine Herkunft und seine leiblichen Eltern zu erfahren, noch entwickeln werden. Das Finale konnte mich dann nach der wirklich starken Vorgeschichte nicht mehr überzeugen, da hat der Autor einfach zu viel reingepackt, anstatt die Dinge moderat und nachhaltig ausklingen zu lassen. Insgesamt aber in jedem Fall ein gelungenes, lesenswertes Buch über die Lebensgeschichte eines bedauernswerten Jungen, dem nichts im Leben geschenkt wird.

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