Bibliaphilia
Um sich und ihrer Schwester Milla ein besseres Leben zu ermöglichen, arbeitet Limea hart an ihrem Ziel, sich als beste Jägerin ihres Inselstammes zu erweisen. Denn nur diejenigen Frauen, die sich hervortun und die Achtung der Ratsmitglieder erlangen, bekommen die Chance, im strengen Kastensystem aufzusteigen. All das setzt Limea jedoch auf Spiel, als sie einen verletzten Mann am Strand findet und kurzerhand beschließt, ihm zu helfen. Auch wenn sie sich der Warnung des Rats vor den kriegerischen Fremden bewusst ist, kann sie es nicht über sich bringen, ihn einfach seinem Schicksal zu überlassen. Je mehr Zeit Limea mit Nóatún verbringt, desto mehr Zweifel kommen ihr an den Regeln ihres Volkes auf. Doch bald zeigt sich, dass er nicht der einzige ist, den der letzte Sturm auf die Insel gespült hat. Meine Meinung Die Welt, die Lin Rina in „Limea“ geschaffen hat, war für mich mal etwas anderes und konnte mich daher schnell für sich begeistern. Limea gehört einem indigenen, matriarchalischen Inselstamm an, der im Einklang mit der Natur hoch in den Bäumen lebt. Ihr Leben ist auf die Insel begrenzt und der Kontakt mit fremden Kulturen seit einer Ewigkeit abgebrochen. Wohingegen Frauen für die Jägerei zuständig sind, leisten Männer einen Beitrag entsprechend der Kaste, der sie angehören, als Förster, Tuchmacher, Musiker oder ähnlichem. Die Angehörigen der obersten Kaste haben den höchsten gesellschaftlichen Status und können sich bei den Erzeugnissen der mittleren und unteren Kaste frei bedienen. Die Handlung wird komplett aus der Perspektive Limeas erzählt, wodurch man ihre starke Persönlichkeit gut kennenlernt. Sie weiß, was sie will und lässt sich von niemanden zu irgendetwas beeinflussen. Ich fand es schön, mitzuverfolgen, wie sie die Entscheidungen des Rats zunehmend in Frage stellt und ihren eigenen Weg findet. Den „Fremdling“ lernt sie erst langsam kennen. Selbstlose Hilfsbereitschaft war Nóatún in seinem bisherigen Leben fremd, denn seine Heimat im entfernten Norden ist von kriegerischen Handlungen gezeichnet. Die kulturellen Unterschiede zwischen den beiden – besonders im Hinblick auf die gegensätzlichen Geschlechterrollen – sorgen für viele Missverständnisse und witzige Dialoge. Ihre Gefühle entwickeln sich nachvollziehbar und konnten mich berühren. Auch die Nebencharaktere, vor allem Limeas Schwester Milla, die hoffnungslose Romantikerin, und ihr treuer bester Freund Aisek, der so viel mehr verdient hat, als seine Position im Kastensystem für ihn vorsieht, haben mir gefallen. Obwohl im Verlauf des Konflikts zwischen Limeas Stamm und den Fremden deutlich wird, dass in der Vergangenheit eine engere Beziehung zwischen den beiden Kulturen bestanden hat, sogar Verbindungen eingegangen und die Sprache und Erkenntnisse übernommen wurden, erfahrt man über diese leider nur sehr wenig. Selbst existierende Schriftrollen aus der gemeinsamen Zeit spielen für den Verlauf der Handlung eigentlich keine Rolle. Das finde ich sehr schade, denn dann hätte Limea sie auch gar nicht erst stehlen müssen. Nichtsdestotrotz hat es mir großen Spaß gemacht, in Limeas Welt und Abenteuer einzutauchen, ich hätte mir nur an manchen Stellen mehr Tiefe gewünscht, denn das große Potential der Geschichte wurde nicht ganz ausgeschöpft.