ankasgeblubber
Die 20-jährige Joy gehört einem Rebellenclan an, der sich gegen die Herrschaft der Percents auflehnt. Percents - das sind menschenähnliche Klone, die erschaffen wurden, um als Sklaven, Forschungsobjekte und Kampfmaschinen zu dienen. Im dritten Weltkrieg jedoch, gelang es ihnen, den Spieß umzudrehen und die Macht über die Menschen zu gewinnen. Seitdem leben die Menschen in Angst und Armut, müssen sich dem strengen Regiment der Percents beugen und zusammengepfercht in großen Städten leben. Joy und ihre Leute nehmen den Kampf auf und planen sogar einen Angriff auf die Percent-Zentrale. Diese Aktion geht aber gründlich schief und Joy landet in den Fängen der gefühlskalten Percents. "Ich hatte immer behauptet, der erste Percent, der in meinen Wurfradius tritt, würde ihn nicht lebend verlassen. Aber es kam alles ganz anders." S. 7 Sie kommt mit dem Leben davon und wird einem Percent in Ausbildung als Soldat zugeteilt. Tagein-tagaus quält sie sich durch das harte Training. Natürlich versucht sie zu fliehen, doch Neél, der junge Percent, ist schneller, stärker und skrupelloser. Je mehr Zeit sie mit ihm verbringt, desto schwerer fällt es ihr, ihn zu hassen. Sie müsste ihn eigentlich hassen, sie müsste ihn töten... doch, wie bereits der zweite Satz des Buches sagt "es kam alles ganz anders"... Die Welt nach dem dritten Weltkrieg stellt Jennifer Benkau, im wahrsten Sinne des Wortes, sehr düster dar. Nicht selten hatte ich das Gefühl, unter dem schweren, dunklen Staub, mit dem Dark Canopy die Stadt bedeckt, zu ersticken. Vor meinem inneren Auge ist die Welt der Percents enstanden, ich konnte neben Joy und Neél durch die engen, dunklen und angsteinflößenden Gassen schleichen. Hach ja, ich muss immer noch seufzen, wenn ich an die Geschichte von Joy und Neél zurück denke. Selten habe ich eine soo taffe, mutige, schlagfertige und (innerlich) starke Protaginistin kennen gelernt. Natürlich liegen Vergleiche zu Katniss ("Die Tribute von Panem"), Tris ("Die Bestimmung") und anderen Heldinnen der aktuellen Dystopien, sehr nahe und natürlich sind sich die Mädchen alle in gewisser Weise ähnlich, doch Joy ist noch mal anders - noch stärker, noch bewundernswerter, noch echter. Auch Neél ist intensiver, härter und komplexer, als seine Kontrahenten aus anderen Genre-gleichen Geschichten. Noch nie konnte ein männlicher Protagonist so viel Angst, Wut, Hass und zugleich Geborgenheit, Neugierde und aufregendes Bauchkribbeln in mir auslösen, wie er. Das zwischen uns, das war wie der Wind. Stürmisch, pfeifend, eisig und rau, voller Zorn, aber ebenso mild, berührend oder zärtlich flüsternd. Solande es frei war, konnte es all das sein. Wenn wir es festhalten würden, blieb uns vermutlich bloß die Luft in den Händen. S. 369 Joy und Neél - zwei Charaktere, die sich einen aufregenden und elektrisierenden Schlagabtausch liefern. Joy ist nicht auf den Mund gefallen und Neél hat kein Problem damit, seine Machtposition voll auszuspielen. Das Aufeinandertreffen dieser Paarung verspricht jede Menge Action, aber auch Gefahr, bringt schlagfertige Auseinandersetzungen mit sich und endet in einer wahren Explosion der aufgestauten und unterdrückten Gefühle. Die Funken sprühen - und das nicht zu knapp! Mein Messer war mir einst so vertraut gewesen wie meine eigene Gefühlswelt. Jetzt schnitt ich mich daran. Am einen wie am anderen. S. 387 Jennifer Benkau gibt ihren charakterstarken Protagonisten jede Menge Zeit und Raum, um sich zu entfalten. Sie verleiht ihnen einzigartige Persönlichkeiten und ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass sie aus dem Schema F hinaussteigen und ein Eigenleben entwickeln. Das, was zwischen diesen zwei unterschiedlichen Typen passiert, passiert schleichend und ist doch am Ende unausweichlich. Auch hier lässt die Autorin ihren Figuren Zeit, sehr viel Zeit. Ich musste immer wieder Joys Stärke bewundern, denn ich selbst wäre sicher viel viel früher schwach geworden. Schlussendlich tat es sogar beim Lesen fast schon körperlich weh, zusammen mit Joy gegen diese unerlaubten Gefühle anzukämpfen bzw. die Anziehungskraft, vergleichbar mit der zweier starker Magneten, zu unterbrechen. "Die Tage schmolzen in sich zusammen wie Stundenkerzen nah am Feuer. Jede Nacht starrte ich ins Leere und atmete das frostige Alleinsein ein. Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, dass der verdammte Percent mir fehlen würde, wäre ich ihm ins Gesicht gesprungen. S. 394 Es fällt mir sehr schwer, diese Rezension zu schreiben. Ich weiß, dass ich mit meinen Beschreibungen und meinen Worten diesem besonderen und atemberaubenden (im wahrsten Sinne des Wortes) Buch nicht gerecht werden kann. Sie reichen nicht aus, um das wiederzugeben, was ich beim Lesen erlebt und gefühlt habe. Jennifer Benkau jedoch, ist es gelungen, genau die perfekten Worte zu finden. Die von mir ausgewählten Zitate geben euch einen kleinen Einblick in ihren bildreichen, witzgespickten, leichten und verträumten Schreibstil. Volle Punktzahl und noch mehr für Jennifer Benkau und Dark Canopy!