seehase1977
Feine, unterschwellige Spannung – Gelungener Auftakt der Cyrus Haven-Reihe Cyrus Haven ist Psychologe und hat selbst mit einem schweren Trauma aus seiner Kindheit zu kämpfen. Er berät und unterstützt die Polizei bei der Aufklärung von Gewalterbrechen. Bei seinem aktuellen Fall untersucht er den brutalen Mord an der 15jährigen Eiskunstläuferin Jodie. Die Befragung in der Familie und im privaten Umfeld des Mädchens gestaltet sich als schwierig und undurchsichtig. Zeitgleich wird Cyrus von einem Freund gebeten, Evie Cormac psychologisch zu betreuen. Die junge Frau ist in einer staatlichen Einrichtung untergebracht, hochintelligent, aber völlig unberechenbar. Auch sie hat als Kind Schreckliches erlebt, scheinbar jahrelang hat sie mit ihrem Entführer zusammengelebt. Ihre wahre Identität ist nach wie vor unklar… Meine Meinung: Ich mag die Bücher von Michael Robotham sehr gerne. Allerdings habe ich die Joe O’Loughlin-Reihe irgendwann aus den Augen verloren. Mit „Schweige still“ dem Auftakt der neuen Reihe um Psychologe Cyrus Haven, läutet Robotham nun eine neue Ära ein, die vielversprechend anfängt. Ein undurchsichtiger Mordfall und interessante, facettenreiche Figuren. Der Autor zeigt wieder einmal das ganze Spektrum seiner Schreib- und Erzählkunst. Der Plot ist in zwei Erzählstränge unterteilt. Da ist zum einen der Mordfall an der 15jährigen Jodie, bei dem sich die Ermittlungen als äußert schwierig gestalten. Die schwer traumatisierte Familie, die trotz ihrem Leid befragt werden muss, immer neue, teils delikate Details aus dem Umfeld des ermordeten Teenagers werden bekannt, die es der Polizei und dem Psychologen Haven nicht leichter machen. Zudem erfährt man mehr über Evie Cormac, eine junge Frau mit einem Kindheitstrauma die eine besondere Begabung hat: Evie verfügt über ein untrügliches Gespür dafür, wenn jemand lügt. Damit ist sie für Cyrus und für die Befragungen eine große Hilfe. Doch Evie ist unberechenbar, teilweise gewalttätig und oft Opfer ihrer eigenen Übersprunghandlungen, was bedeutet, dass die Gefahr sowohl über ihr als auch über den Ermittlungen hängt wie ein Damoklesschwert. Weil man damals keinerlei Informationen zu ihrer wahren Identität herausfinden konnte, nannten die Behörden sie kurzerhand Angel Face. Michael Robotham hat eine ganz besondere Art zu erzählen. Da ist nichts Reißerisches und auch keine atemberaubende Action. Auch mit leisen Tönen versteht der Autor Tempo und knisternde Spannung zu erzeugen. Kurze Kapitel und falsche Fährten, diverse Sackgassen und die ein oder andere Überraschung halten den Spannungsbogen und mich bei Laune. Cyrus Haven ist definitiv eine interessante Hauptfigur in dieser neuen Reihe. Auch er hat, wie so viele Protagonisten in den zahlreichen Thrillern die auf dem Markt kursieren, eine schwere Vergangenheit zu bewältigen und doch wirkt er auf mich nicht wie ein Charakter von der Stange. Ähnlich geht es mir mit Evie. Hin und wieder lässt sie eine weiche, verletzliche Seite ihrer Seele aufblitzen, nur um im nächsten Augenblick mit einem Satz oder einer dämlichen Aktion alles wieder zunichte zu machen. Ich bin gespannt und neugierig, wie sich die beiden im Laufe der Zeit entwickeln werden. Mein Fazit: Ein packender und emotionaler Reihen-Auftakt, spannend und gut durchdacht. Ein typischer Robotham eben, toll erzählt und wunderbar geschrieben.