Lichti
Eine Welt, in der der Klimawandel aufgehalten ist. Eine Welt, in der die Technik es ermöglicht, all den Dreck, der entsteht, einfach zu überdecken. In der man sein kann, wer man will, weil man nicht einmal mehr an den eigenen Körper gebunden ist. In der Technik mehr ermöglicht, als die Wissenschaft versteht. Eine Utopie? Ein Traum? Wohl kaum. Nicht, wenn der Klimawandel viel zu spät und mit hohen Kosten aufgehalten wurde. Wenn die Technik nur überdeckt, aber nicht verbessert. Wenn sie fehleranfällig ist. Die Welt, die Hillenbrand zeichnet, ist eine Dystopie, verkleidet im Kleid einer Utopie. Alles schön, solange die Hologramme verdecken, was man nicht sehen soll. Tom Hillenbrand baut auch hier, ähnlich wie in Drohnenland, eine realistische Zukunftsvision, die die Augen nicht vor den aktuellen Entwicklungen verschließt. Diese Zukunft ist dreckig und schön, sie ist verspielt und knallhart. Es macht Spaß, in diese Welt einzutauchen. Das angefügte Glossar ist eine nette Hilfe, auch wenn ich es nicht benötigt habe. Der Protagonist Galahad Singh, ein Quästor – also ein Privatdetektiv – erhält den Auftrag, die verschwundene Kyptologin Perotte zu finden. Was wie ein normaler Fall beginnt, entwickelt rasch tiefere Verwicklungen, als Singh – und der Leser – erwartet hätten. Denn wem ist schon zu trauen, wenn man nie sicher sein kann, wem man gegenüber steht? Der Verlauf der Geschichte ist dabei stehts umschlungen- Während der Anfang noch wie ein normaler Whodidit wirkt, wird schnell klar, dass es bald nicht mehr nur darum geht, die verschwundene Kyptologin zu finden, sondern darum, etwas aufzuhalten, was eigentlich gar nicht mehr aufzuhalten ist. Packend und verworren bis zur letzten Seite! Insgesamt ist es ein packender, flüssig erzählter Sci-Fi Thriller, der meine Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen hat. Hillenbrand weiß, wie er den Leser an der Nase herumführt und ihn mitfiebern lässt. Das Buch wartet mit immer neuen Wendungen auf, die teilweise recht unerwartet erscheinen. Immer dann, wenn ich dachte, ich hätte die Lösung des Rätsels gepackt, wurde ich in eine andere Richtung gelenkt. Es war spannend, es war dramatisch, es war interessant. Einzig das Ende überschlägt sich mit Erklärungen, die ein wenig abstrus erscheinen. Tatsächlich musste ich dort mehrmals lesen, um wirklich zu verstehen, was eigentlich los war – was nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen ist. Obwohl das Ende offen gelassen ist und Hoffnung auf einen weiteren Teil macht (der meine Hoffnung auf ein bestimmtes Paar ja noch leben lässt!), wirkt es nicht unabgeschlossen. Diese Geschichte ist zu Ende erzählt. Die dieser Welt aber nicht. Und ich hoffe, dass da noch viel, viel mehr kommen wird! Denn ich möchte gern weiter hinabtauchen in diese Dystopie, die gar nicht so weit entfernt wirkt.