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1920 erschien Agatha Christie's erster Kriminalroman: "The Mysterious Affair at Styles" ("Das fehlende Glied in der Kette") mit dem belgischen Detektiven Hercule Poirot. 1922 folgte "The Secret Adversary" ("Ein gefährlicher Gegner") und führte das Detektivpärchen Tuppence & Tommy Beresford ein. Es dauerte nur 7 Jahre, ehe dieser Roman seine erste Verfilmung erfuhr. Der Stummfilm mit dem Titel "Die Abenteuer GmbH" wurde vom deutschen Filmstudio Orplid-Film produziert und die Regie hatte Fred Sauer. Der Film gilt heute als verschollen. Dieses hervorragend recherchierte und mit unglaublicher Fülle an faszinierenden Informationen über die weltweit verfilmten Abenteuer der Romane von Agatha Christie (die Weltauflage soll an die zwei Milliarden Exemplare (!!!) betragen) beginnt mit der Auflistung und dem Werdegang der von der Queen of Crime geschaffenen Figuren in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts und endet mit dem Hinweis auf die Dreharbeiten zu "Der Mord im Orient-Express", welcher Vorverträgen nach der Startschuss für eine neue Reihe von Kinofilmen sein sollte (ein erfolgreicher Neustart der - je nachdem wie sich CoVid-19 verhält - entweder 2020 oder 2021 mit "Tod am Nil" seine Fortsetzung findet). Über all die Jahrzehnte hindurch war die Film- und Fernsehwelt immer sehr stark an der Umsetzung der erfolgreichen Kriminalromane interessiert. Dieses Interesse jedoch war einseitig, denn Agatha Christie stand zu Lebzeiten dem Kino wie dem Fernsehen ablehnend gegenüber. Es bedurfte immenser jahrelanger Bemühungen des amerikanischen Filmstudios MGM, mit der Schriftstellerin einen Filmdeal auszuhandeln. 1961 schlußendlich wurde der Roman "4.50 from Paddington" für die Leinwand unter dem Titel "Murder She Said" adaptiert und die Figur der Jane Marple bekam ein unvergessliches Gesicht: das von Margaret Rutherford. Vom Kinopublikum geliebt - von Agatha Christie abgelehnt. Die Filmreihe, die die Romane keineswegs getreu verfilmte und schlußendlich mit "Murder Ahoy" einen eigenen Kriminalfall präsentierte, sorgte für ein Verbot, künftig Miss Marple oder Poirot für eine filmische Vermarktung zu verwenden. Nach dem Tod der Queen of Crime übernahm die Tochter Rosalind die strenge Überwachung bei der Vergabe von Lizenzen. Das Buch schildert unter Bezugnahme auf Interviews und Dokumenten aufschlußreich, dass es damals wie heute stets um Lizenzen, Copyrights und in Verbindung damit auch um nicht wenig Geld geht. Die "Agatha Christie Ltd" ist stets bemüht, den Qualitätsnamen Agatha Christie in unserer Welt als Begriff aufrechtzuhalten. So hat es sehr lange gedauert, bis nach zähen Verhandlungen mit der TV-Gesellschaft BBC schlußendlich Miss Marple sowohl für die "Agatha Christie Ltd", die Kritiker und die Mehrheit der Zuseher in der Gestalt von Joan Hickson zurückkehrte... Die Darstellerin gilt bis heute als die der literarischen Figur am Nächsten kommende Interpretin. Der große Erfolg der Serie "Agatha Christie's Miss Marple" sowie die detailgetreue Nacherzählung der Stoffe ebnete schlußendlich den Weg für den erneuten Auftritt Hercule Poirot's in der Gestalt von David Suchet. Er schaffte es ebenfalls, nicht nur der literarischen Vorlage mehr gerecht zu werden als der ebenfalls sehr beliebte Sir Peter Ustinov, sondern auch in seiner Serie die Poirot-Geschichten nah an der Vorlage haltend zu präsentieren. So ist man während des Lesens fasziniert, wie konsequent Agatha Christie und später ihre Erben über die qualitative Handhabe dieser so liebenswerten Figuren wachen... ähnlich wie es auch Leslie Charteris mit seiner Figur "Simon Templar/The Saint" tat. Wie es ausgehen kann, wenn man die Rechte eher lieblos veräußert, sieht man an Ian Fleming's "James Bond 007"... Weiters behandelt das Buch auch eine Vielzahl der weltweit produzierten TV- und Kinofilme, wobei Indien, Russland und Japan zu den fleißigsten Produzenten (oftmals unlizensiert) zählen. Ein ganz tolles Sachbuch für Agatha Christie-Freunde, denn es zählt seltene Filmperlen auf, die es zu entdecken lohnt und gibt Einblick in die vielschichtigen Interessen und Möglichkeiten des Entertainment-Business... wenn dieses Mal die Spur aufgenommen hat und in einer literarischen Figur das Potential eines geldbringenden Franchise ahnt!