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stinsome

Posted on 7.4.2020

Ich habe es vermisst. Das Gefühl, beim Lesen nach Hause zu kommen, jedes Mal, wenn man nach dem Buch greift. Sich in der Gruppe der Protagonisten vollkommen wohlzufühlen. Und von der spannenden Handlung so gefesselt zu sein, dass man am liebsten die ganze Nacht durchlesen würde. Das Gefühl hatte ich schon relativ lange nicht mehr – bis ich nach „Wen der Rabe ruft“ gegriffen und mich schon innerhalb weniger Seiten in die Geschichte und ihre Charaktere verliebt habe. Maggie Stiefvater hat einen unglaublich fesselnden Schreibstil. Sie versteht es, Orte und Figuren in bildhafte Worte zu kleiden, durch Cliffhanger oder prägnante Bemerkungen ihrer Figuren Spannung aufzubauen und gleichzeitig den Leser hier und da überraschend zum Grinsen zu bringen. Manche Witze werden so trocken rübergebracht, dass ich mich gelegentlich dabei ertappt habe, wie ich laut losgeprustet habe. Trotzdem nimmt der Humor nie Überhand, der Grundton der Handlung bleibt stets ernst und wird lediglich von genau der richtigen Portion an humorvollen Fetzen ausgeschmückt. Dabei lesen wir nicht nur aus der Sicht von unserer weiblichen Protagonistin Blue, sondern schauen regelmäßig auch in die Köpfe anderer Personen. »Blue Sargent wusste mittlerweile schon gar nicht mehr, wie oft ihr gesagt worden war, dass sie ihrer wahren Liebe den Tod bringen würde.« (S. 9). So beginnt diese ungewöhnliche Geschichte. Schon innerhalb der ersten Seiten wurde mir klar, dass ich bisher nichts Vergleichbares gelesen habe, und dieser Eindruck festigte sich mit jeder weiteren Seite. Wahrsagerinnen, Ley-Linien, die Suche nach einem verstorbenen König – hier wird eine völlig neue Geschichte erzählt, die so verstrickt und gut durchdacht ist, dass es schier unmöglich ist, die weitere Handlung zu erahnen. Dauernd kommen neue Aspekte dazu, die sich nahtlos in die Handlung einfügen, weil sich die Autorin mit jedem Puzzleteil etwas gedacht hat. Wir wissen von dem ersten Satz an, dass einer unserer männlichen Protagonisten sterben wird, aber wir wissen nicht, wann, wir wissen nicht, wie, und wir wissen nicht, warum, was schon an sich eine ganze Menge an Spannung mit sich bringt. Die Spannung speist sich jedoch auch aus weiteren Aspekten: den mystischen, magischen und manchmal sogar leicht unheimlichen Entdeckungen, die unsere Protagonisten auf ihrer Suche machen, der persönlichen Charaktergestaltung jedes einzelnen und dem Zusammenspiel der Figuren, die ein buntgemischtes Gespann ergeben. Die Charaktergestaltung war eines der ersten Dinge, die mich an dem Buch fasziniert haben, weil wir hier alles andere als typische 0815-Charaktere serviert bekommen. Nicht nur unsere Protagonisten, auch die Nebencharaktere sind so gut ausgearbeitet, dass sie wie echte, authentische Menschen wirken, auch wenn man noch nicht jede Facette kennt, nicht jeden Charakter vollkommen durchschaut hat. Es sind aber unsere Protagonisten, vor allem unsere männlichen Protagonisten, die daraus nochmal hervorstechen, die interessant, vielfältig und mitunter auch widersprüchlich sind. Während unsere weibliche Protagonistin Blue zwar sehr angenehm und sympathisch ist und ich aus ihrer Sicht immer wieder gerne gelesen habe, ist sie es doch, die von unserem Fünfergespann noch am gewöhnlichsten ist (jedenfalls für einen Buchcharakter). Sie zeichnet sich durch einen exzentrischen Look und ein schlagfertiges, selbstbewusstes Mundwerk aus, und ist gleichzeitig eine sehr vernünftige Person, die aus Neugier aber auch gerne mal ein paar Risiken eingeht. »Dies ist das Jahr, in dem du dich verlieben wirst.« (S. 13) „Ihre“ Aglionby-Jungs, womit Gansey, Ronan, Adam und Noah gemeint sind, sind aber die eigentliche Ursache meiner Faszination. Die vier könnten gar nicht unterschiedlicher sein und doch hat es Gansey irgendwie geschafft, diese Gruppe zusammenzuführen, die ihm bis ans Ende der Welt folgen würde. Unnötig zu erwähnen, dass Gansey der unausgesprochene Anführer dieser Truppe ist. Er hat die größte Faszination auf mich ausgeübt: Ein Junge, der mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurde und vor allem in Bezug auf Geld in so manches Fettnäpfchen tritt, ohne dabei jedoch je die Fassung zu verlieren. Er hat eine imposante, selbstbewusste Ausstrahlung, wirkt vor allem auf Blue am Anfang etwas herablassend, zeigt aber recht schnell, dass unter dieser „Ich-hab-immer-alles-im-Griff“-Fassade auch noch ein anderer Gansey schlummert, den wir vor allem dann zu Gesicht bekommen, wenn wir aus seiner Sicht lesen und seine Gedanken mitverfolgen können: Einer, der sich um seine Freunde sorgt. Einer, der sich überraschend viele Gedanken darum macht, wie er etwas formulieren kann, ohne seinen Gesprächspartner vor den Kopf zu stoßen. Und einer, der völlig in der Suche nach dem verstorbenen König aufgeht. Gansey war mein absoluter Lieblingscharakter – umso schlimmer, dass er es ist, der sterben soll. Aber auch die anderen drei sind auf ihre eigene Weise spannend: Ronan, den man als offenes Rasiermesser bezeichnen könnte, der nur sehr wenige Personen wirklich gut leiden kann und mit vielen (insbesondere Adam) aneinandergerät, aber (wie alle drei Jungen) ein ganz besonderes Verhältnis zu Gansey hat. Adam, der anders als seine Freunde nicht reich ist und dessen intelligente, nachdenkliche Ruhe schnell mal mit Schüchternheit verwechselt werden kann. Und Noah, der mit seiner tatsächlich eher schüchternen Ruhe im Hintergrund bleibt und in Gruppen auch mal untergeht. Ich mochte jeden einzelnen von ihnen und habe mich in der Fünfergruppe unglaublich wohlgefühlt (und Blues Mutter und ihre unterhaltsamen Tanten tun dafür ihr Übriges). Bei jedem Griff nach dem Buch habe ich mich auf die Clique gefreut. Sie ergänzen sich in ihrer Unterschiedlichkeit und machen jede Szene spannend, amüsant und gleichzeitig unberechenbar, weil man nie weiß, was bei dieser bunten Mischung dieses Mal herauskommt. Jeder Charakter ist für Überraschungen gut. Da ich das Buch mit einer Freundin parallel gelesen habe, musste ich nach dem Lesen festgelegter Abschnitte immer wieder unterbrechen, obwohl ich jedes Mal am liebsten einfach weitergelesen hätte. Der Drang war jedes Mal da. Ich war von Anfang an vollkommen von dieser mystischen, geheimnisvollen Atmosphäre um die Wahrsagungen und die Legende um den verstorbenen König, den Gansey unbedingt finden möchte, eingenommen. Ab der Hälfte des Buches wird die Handlung aber immer spannender und rasanter, um sich dann in einem Plot Twist zu entladen, der mir Gänsehaut am ganzen Körper verschafft hat. Ich saß mit offenem Mund da, habe diese geniale Idee der Autorin bewundert und das Buch im selben Atemzug zu einem neuen Lieblingsbuch erklärt. Und es kommt noch so viel mehr, denn es gibt noch so viele offene Fragen, so viele Andeutungen, so viele Puzzleteile, die noch keinen Sinn ergeben. Band 2 und 3 sind schon auf dem Weg zu mir und werden direkt gelesen, sobald sie hier sind. Ich bin von dieser Geschichte schon nach diesem Auftakt hin und weg. Fazit Dieses Buch ist einfach SO GUT. Hier wird eine ganz neue Geschichte erzählt, die man sicher noch nie in dieser Weise gelesen hat, die spannend, lustig und fesselnd bis zur letzten Seite ist und Charaktere aufbietet, mit denen man mitfiebert und die man in sein Herz schließt. Ich habe mich bei jedem Griff nach dem Buch auf sie gefreut und war von der mystischen, magischen Atmosphäre total gefesselt. Es wurde von Seite zu Seite immer besser. Für mich ist das ein mehr als gelungener Auftakt, der die Reihe unglaublich gut einleitet und Lust auf die Folgebände macht. Ein neues Lieblingsbuch für mich, das natürlich 5 Sterne bekommt.

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