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Mia

Posted on 7.4.2020

Dieses erstaunliche Buch hat mich in tiefstem Maße aufgewühlt. Eine Welt, in der Frauen auf solch allumfassende Weise eingeschränkt und unterdrückt werden, ist eine faszinierende und gleichzeitig erschreckende, ja beängstigende Grundidee, die einen einzigartigen Sog der Neugierde aufbaut. Frauen dürfen nur noch maximal 100 Worte am Tag sprechen. Ein eigens konstruiertes Armband misst die gesagten Worte. Diese sind selbstverständlich in vielen Farben erhältlich, muss die Frau doch immer perfekt und sittsam aussehen. Das Bild des "Heimchens am Herde" wird auf ungeahnte Ebenen gehoben. Frauen sollen keinen eigenen Kopf mehr haben, denn ihr Mann übernimmt diesen Part. Sie dürfen nicht lesen, nichts schreiben, ja nicht einmal mehr Schreibutensilien kaufen. In der Schule werden Mädchen erzogen zu kochen, die Familie und den Garten zu umsorgen und allerhöchstens simples Rechnen für die nötigen Einkäufe dürfen sie erlernen... Selbstverständlich gehen Frauen auch keinen Berufen mehr nach. Ihre einzige Berufung sind Familie und Haushalt. Während des Lesens hatte ich häufig Gefühle des Unglaubens. Eine solche Katastrophe könnte in einer modernen Welt wie der unseren wohl kaum tatsächlich passieren! Oder etwa doch...? Der Unglauben wurde stets von unheimlichem Zweifel abgelöst. Immerhin gab es in der Menschheitsgeschichte beileibe genug Massengenozid... Das ist es wohl auch, was mich am meisten geschockt hat. Es war letzten Endes absolut realistisch und nachvollziehbar, dass so etwas passieren kann. Die Menschen denken natürlich, sie wären klüger und stünden darüber, aber, wie bereits gesagt, die Geschichte beweist etwas anderes. Es muss nur ein paar Mal falsch abgebogen werden und schon wird die Gesellschaft in einen Abgrund gestürzt... Wir sollten diese Dystopie mit offenen Augen und offenem Geist lesen und kritisch damit umgehen. Diese allumfassende Unterdrückung der Frau habe ich als flexibles Bild für die mögliche Unterdrückung so ziemlich jeder Personengruppe empfunden. Jedoch nicht als feministisches Werk, sondern als humanistisch. Es lässt mich nachdenklich und voller Emotionen zurück und ich kann nur jedem ans Herz legen, sich damit auseinanderzusetzen.

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