Mia
Als allererstes sei gesagt, dass die Triggerwarnung zu Anfang des Buches bewusst gewählt und auch wichtig ist. Was man in diesem Buch zu lesen bekommt, lag selbst mir schwer im Magen und tut es immer noch. Anouk und Femke waren die besten Freundinnen. Sie waren unzertrennlich. Man hat die Eine nie ohne die Andere angetroffen. Bis zu einem schicksalhaften Tag, der ihr Leben komplett veränderte... Nun, über drei Jahre später, ist das einste Dreamteam Geschichte und Anouk und Femke existieren in ihren eigenen Welten. Fern von einander. Der frühere Verrat wog zu tief und so wurde die Beste Freundin aus dem Leben verbannt und für immer gestrichen. Als Femke sie nach all der Zeit zum ersten Mal wieder kontaktiert, klingt sie so aufgelöst, dass Anouk widerwillig einem treffen zustimmt, welches jedoch unerwartet aus dem Ruder läuft... Die folgenden, schwerwiegenden Ereignisse, lesen wir aus Anouks Sicht. Sie muss einfach herausfinden, was mit Femke geschehen ist. Welche Ereignisse haben dazu geführt, dass sie sich so verändert hat, so aufgelöst war? Was ist an den Gerüchten dran, die in der Schule kursieren? Hier tiefer in den Inhalt einzutauchen ist schwierig, ohne zu viel zu verraten. Kerstin Ruhkieck hat ein Werk geschaffen, welches an die Nieren geht. Mit ihrem flüssigen Schreibstil baut sie von Seite eins an eine düstere Dynamik auf, die einen ganz eigenen Sog entwickelt. Anouks Drang, mehr über Femkes Schicksal zu erfahren, wird zum eigenen Drang. Beim Lesen war ich Anouk. Ich war Femke. Ich war mittendrin und habe so mitgelitten wie selten bei einem Buch. Die detailreichen Beschreibungen der Ereignisse haben mir nicht selten tatsächlich Bauchschmerzen bereitet. Bei der gegebenen Thematik wird schon sehr bald klar, welche fürchterlichen Ereignisse auf die jungen Frauen und auch auf den Leser zukommen könnten, doch trotzdem trifft es beim Lesen mit voller Wucht. Das Grauen. Der Schrecken. Unglaube. Abscheu. Mitleid. Ich habe so viele starke Emotionen durchlebt während der überwältigenden Erfahrung, die dieses Buch mit sich gebracht hat! Sehr viele waren negativ. Doch trotzdem finde ich, dass dieses Buch wichtig und zwingend empfehlenswert ist. Misshandlung, egal welcher Art, ist ein Thema, das niemals unter den Teppich fallen sollte (was es leider viel zu häufig tut...), auch wenn es nicht angenehm ist, sich damit zu beschäftigen. Wie Sie sehen, ist dies kein angenehmes Buch. Es ist emotional überwältigend. An manchen Stellen tut es regelrecht weh, weiter zu lesen. Im Kopf einer gebrochenen jungen Frau zu stecken, ist nun mal keine schöne Erfahrung. Ich habe hinterher sehr viel über unsere Gesellschaft nachgedacht. Vor allem aber über die Wahrheit. Was ist eigentlich die Wahrheit? Ist meine Wahrheit eine andere als die meiner Mutter? Gibt es überhaupt eine allgemeingültige Wahrheit? Großartig mag als Beschreibung merkwürdig klingen, dennoch habe ich Was geschah mit Femke Star so empfunden. Ein Buch, welches auf so vielen ebenen bewegt und auch nachhaltig zum Nachdenken und Reflektieren anregt, kann nicht anders bezeichnet werden. Obwohl ich das Buch erst im Dezember gelesen habe, hat es sich noch als Jahreshighlight entpuppt! Ich würde dieses Buch ab dem jungen Erwachsenenalter all jenen empfehlen, die keine schwachen Nerven haben und Bücher mit brisanten und aufwühlenden Themen gern lesen.