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Ailyn

Posted on 7.4.2020

Bei dem nunmehr dritten Band Das Spiel der Götter: Im Bann der Wüste handelt es sich nun also – wie insbesondere Leser meiner Rezension des zweiten Bandes Das Reich der sieben Städte bereits wissen – um den zweiten Teil des englischen Originalbandes Deadhouse Gates und der kommt tatsächlich mit knapp 600 Seiten noch ein wenig umfangreicher daher als der Vorgänger. Erneut habe ich ein wenig gebraucht, mich wieder in die Geschichte einzufinden, doch die Anlaufschwierigkeiten waren hier natürlich deutlich geringer, da man es eben nicht wirklich mit dem Beginn eines Buches zu tun hat, sondern mit der Fortsetzung einer laufenden Geschichte, so dass speziell die handelnden Figuren ja logischerweise bereits bekannt sind und man sich lediglich neu vergegenwärtigen muss, wo man sie im letzen Buch verlassen hat. Icarium meldete sich zu Wort. »Hat nicht Schattenthron die Übernahme arrangiert? Wenn Cotillion von ihr Besitz ergriffen hat, dann kann es gut sein, dass Schattenthron von ihm Besitz ergriffen hat. Es hat wenig Sinn, nach irgendwelchen Beweggründen zu suchen – der Lord der Schattensphäre gibt sich notorisch geheimnisvoll. Trotzdem kann ich in der Möglichkeit an sich eine gewisse Logik erkennen.« Ist diese kleine Hürde aber erst einmal genommen, geht Erikson direkt in die Vollen und Im Bann der Wüste präsentiert sich deutlich actionlastiger und temporeicher als der Vorgänger, so dass mich speziell die Ereignisse rund um Coltaines Kette der Hunde in ihren Bann zu ziehen wussten, da es der Autor versteht, auf eindringlichste Art und Weise die Schrecken des Krieges zu verdeutlichen und die prekäre Lage, in der sich die Soldaten des malazanischen Imperiums befinden, deutlich zu machen. In diesem Zusammenhang war es auch speziell Duiker, der mich regelrecht in die Geschichte gesogen hat, da er als Historiker nicht nur stets nah am Geschehen bleibt und sich gleichsam mit der Faust berät, sondern auch als ehemaliger Soldat die nötige Schlagfertigkeit und Abgeklärtheit besitzt, um sich in diesen schwierigen Zeiten behaupten zu können. Neben diesem Plot, der den Leser quer durch die Wüste führt und sich anhand der im Buch vorgelagert abgedruckten Karte recht stimmig verfolgen lässt, widmet sich Erikson aber natürlich auch seinen anderen Protagonisten auf ausführlichste Art und Weise, wobei mir der Part um das Azath-Haus, und hier speziell natürlich Icarium mitunter am besten gefallen hat, da sich langsam die Schleier zu lichten beginnen und man zu erkennen anfängt, welche dunklen Geheimnisse das uralte Halbblut umgeben und in welcher Verbindung sein Weggefährte Mappo dazu steht. Einzig die Story um Heboric beziehungsweise mehr noch Felisin, die sich als Reinkarnation von Sha’ik entpuppt, wusste mich in Im Bann der Wüste nicht ganz so sehr gefangen zu nehmen, einfach weil sie doch im direkten Vergleich regelrecht vernachlässigt wird und vor allem nicht mit derselben Vielzahl an überraschenden wie erschreckenden Wendungen zu punkten versteht. Die Armee der Apokalypse unter dem Kommando des Renegaten Korbolo Dom hatte sich über den zerknitterten Teppich grasbewachsener Hügel verteilt, die den südlichen Rand der Ebene bildeten. Auf jeder Hügelkuppe standen Kommandozelte und die Banner verschiedener Stämme und selbst ernannter Bataillone. Zwischen kleinen Städten aus Zelten und Wagen streiften große Vieh- und Pferdeherden umher. Die Vorposten des Lagers wurden von drei ungleichmäßigen Reihen gekreuzigter Gefangener markiert. Gabelweihen, Rhizan und Kapmotten schwirrten um die Opfer herum. Nichtsdestotrotz führt Erikson schlussendlich zumindest einen Teil der Erzählstränge stimmig zusammen und auch wenn er seine Figuren teils grausam zu Tode kommen lässt und merklich wenig Mitleid mit dem Schicksal Einzelner hat, ist es die schiere, deutlich spürbare Epik, die atmende, lebendige, von wirklich zahllosen Legenden und Mysterien umrankte Welt, die mich auch diesmal in ihren Bann zu ziehen wusste und – auch wenn sie weit weg von Genabackis, dem Schauplatz des ersten Bandes Die Gärten des Mondes angesiedelt ist – deutliche Rückbezüge auf die dortigen Geschehnisse beinhaltet, so dass man nie das Gefühl bekommt, Erikson wüsste nicht genau, wohin er die Geschichte zu führen wünscht. Vor allem aber bleibt es auch hier seine größte Stärke, sich gänzlich außerhalb ausgetretener Fantasy-Pfade zu begeben und auch wenn Magie und Götter in der Welt von Das Spiel der Götter allgegenwärtig scheinen, sind es doch meistens die Menschen, denen er sein besonderes Augenmerk widmet und die nicht unmaßgeblich für den Erfolg oder Misserfolg der Unternehmungen verantwortlich sind.

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