Ailyn
er erste Band von Das Spiel der Götter ist beileibe nicht neu, aber ähnlich wie schon bei Das Lied von Eis und Feuer bin ich erst durch die Neuauflage seitens Blanvalet auf die Reihe aufmerksam geworden. Seltsamerweise werden beide Reihen auch gerne in einem Atemzug genannt, beziehungsweise als Leseempfehlung herangezogen, haben jedoch im Grunde nicht viel miteinander gemein, wenn man einmal vom Anspruch und der epischen Breite absieht. Aber dies soll hier ja kein Vergleich werden, weshalb ich mich nun auf die Aspekte von Band 1 Die Gärten des Mondes konzentrieren werde. Zunächst einmal sei gesagt, dass dieses Buch beileibe nichts für zwischendurch ist und insbesondere anfänglich hochgradig verwirrend ist, da nicht nur zahllose Figuren und Ortschaften eingeführt werden, sondern einerseits alsbald auch wieder verschwinden und andererseits mehrere Jahre vergehen, bevor die eigentliche Geschichte an Fahrt aufnimmt, wenngleich natürlich am Ende alles Sinn ergeben wird. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg. Dennoch lohnt die Mühe und als ich mich nach etwa hundertfünfzig Seiten in die Geschichte eingefunden hatte, wuchs die Faszination dieser von Magie, Verrat und Geheimnissen durchzogenen Welt von Seite zu Seite an. Zwischendurch kommt es einem zwar ein wenig so vor, als hätte Autor Steven Erikson es ein wenig übertrieben mit seiner Mythologie, aber dies relativiert sich mit fortschreitender Geschichte. Denn in Das Spiel der Götter bedienen sich Magier verschiedener Gewirre, deren Macht sie anzapfen und die von verschiedenen Göttern regiert werden. Diese Götter wiederum stehen in losem Kontakt miteinander und mischen sich mal mehr, mal weniger, in die Geschicke der Menschen ein. Neben den gemeinhin zugänglichen Gewirren existieren aber auch noch ältere Gewirre der vier Gründerrassen wie beispielsweise Kurald Galain, das Gewirr der Tiste Andii, die, wie eingangs erwähnt, noch nicht gänzlich ausgestorben sind, im Geiste der Bevölkerung aber seit langen Jahrhunderten vergessen, ebenso wie die T’lan Imass, die Erikson ebenfalls bemüht und die unsterblich geworden mittlerweile teils über dreihunderttausend Jahre auf Erden verbracht haben und somit sogar älter sind als mancher Gott. Ebenso obliegt es aber auch Menschen, genug Macht anzuhäufen, um sich gegen den Willen der Götter aufzulehnen, so dass die Grenzen hier deutlich schwammiger verlaufen, als man es gemeinhin erwarten würde. Das hat natürlich auch zur Folge, dass die Geschichte vor epischen Zusammenkünften und Begebenheiten zu strotzen weiß und dankbarerweise dennoch darüber nicht die eigentliche Geschichte vernachlässigt, die vor allem geprägt ist von sich nur langsam zusammenfügenden Fragmenten und zahlreichen Erzählsträngen, die jeweils für sich ihre eigenen Geheimnisse bergen und nicht so klar sind, wie sie eingangs erscheinen mögen. Die Gärten des Mondes sind also durchaus keine leichte Kost, aber tatsächlich nur jede erdenkliche Mühe wert, denn auch ich war nach hundert Seiten kurz versucht, das Buch in die Ecke zu legen, habe mich dann aufgerafft und gerade die letzten vier- bis fünfhundert Seiten in einem regelrechten Rausch verschlungen. Und nun? Nun liegt das Ende des Buches nur wenige Tage zurück und ich sehne mich bereits nach den zahllosen Figuren, von dem stoischen Sergeant Elster, über den geheimnisvollen Kruppe bis hin zu dem innerlich erkalteten Anomander Rake, während ich voll Spannung ihrem weiteren Schicksal sowie dem von Hauptmann Paran, der Zauberin Flickenseel und vielen weiteren entgegenfiebere. Und so – nun muss ich den Vergleich doch noch einmal bemühen – ging es mir zuletzt nur bei Das Lied von Eis und Feuer. Das Spiel der Götter 1: Die Gärten des Mondes ist also anspruchsvollste High Fantasy und zieht sämtliche Register des Genres, verzichtet dabei aber gänzlich auf Klischee-Bösewichter und bietet stattdessen plastische, vielschichtige Figuren und eine extrem verwinkelte und verschachtelte Story voller Verschwörungen, Intrigen und göttlicher Einflussnahme. Dabei bedient sich Erikson einer ausgefeilten Sprache und scheut nicht vor verschachtelten Satzkonstruktionen zurück, wobei dies dem Anspruch seiner epischen Geschichte durchaus gerecht wird. Aber wie gesagt, die Mühe lohnt und ist man erst einmal abgetaucht in die Welt von Genabackis und insbesondere Darujhistan, dann gibt es kaum noch ein Zurück!