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madamemoviereads

Posted on 3.4.2020

Selbstjustiz neu interpretiert Mit "Asklepios" schaffte Charlotte Charonne einen Thriller, der nicht nur die Auswirkungen der Taten eines Kindermörders aufzeigt, sondern der Selbstjustiz eine neue Ebene verleiht.  "Als die funfjährige Emma entführt und brutal ermordet wird, zerbricht das Leben ihrer Familie. Kaum haben die Angehörigen sich mühsam eine neue Existenz aufgebaut, wird Emmas Mörder aus dem Gefängnis entlassen und verschwindet kurz darauf spurlos. Hat er wieder ein Mädchen in seiner Gewalt? Wurde er entführt? Wer außer Emmas Familie hätte einen Grund zur Vergeltung? Um die Kommissare Ruby und Spike legt sich ein Netz aus Lügen und Geheimnissen. Während das Ermittlerduo die Fäden entwirrt, befindet sich Emmas Mörder in der Hand von Asklepios, dem Gott der Heilkunst, der ihn einer perfiden Therapie unterzieht..." Inhaltlich nimmt dieser Thriller ein Thema auf, welches sich sicherlich schon öfter bedient wurde. Doch während sich die meisten Autoren noch überlegen, wie sie die Taten an den Kindern beschreiben, ohne hier eine gewisse Grenze zu überschreiten, spart dich Charlotte Charonne diesen Weg und legt ihr Augenmerk lieber auf das "danach". Dabei denkt sie sich in eine Welt, in der ein solcher Täter seine Freiheitsstrafe abgebüßt und nach positiver psychologischer Gutachten resozialisiert werden könnte. Und damit kommen wir in den Bereich der Selbstjustiz, der im übrigen auf verschiedenen Ebene angebahnt bzw auch durchgeführt wird. Während die Nachbarn lediglich den Weg der Überwachung wählen, gibt es eine uns unbekannte Person, die sich den pädophilen schnappt und ganz andere Dinge mit ihm vorhat, um ihn von seiner pädophilie zu "heilen". Die Wahl des Gottes der Heilkunst hat dabei für mich eine geniale Doppeldeutung. Während wir die Medizin als notwendig und dem Patienten gönnerhaft empfinden, wird es hier als Machtinstrument genutzt, ohne die Rechte des Menschen zu beachten. Figuren tauchen in diesem Thriller einige auf, was durchaus zur Verwirrung des Lesers verhilft, gleichzeitig aber auch zum Mitdenken anregt und Hinweise als Brotkrümel reicht, um selbst auf die Spur zu kommen, bevor es die Kommissare tun. Wer hier klar bleibt und die leichten Versuche der Ablenkung auch als diese wahrnimmt, wird hier schnell auf des Rätsels Lösung kommen. Allerdings tut dies keinen Abbruch für die Geschichte. Die Figurenzeichnungen wirken auf den Leser blass und unausgereift. Dies liegt daran, dass sich die Autorin unnötige Gefühlsbeschreibungen spart, die der Leser in den Gesprächen ausreichend wahrnimmt. (Wie gesagt: Das Thema ist bekannt und der Leser wird hier als Mensch mit Vorwissen angesehen, was hier definitiv der richtige Weg ist!) Die einzigen, dessen Privatleben und Vergangenheit wir in vollen Zügen genießen dürfen, sind Ruby und Spike, die beiden Kommissare, die Sympathieträger sind und für den einen oder anderen Lachmoment sorgen. Dabei liefern beide gewisse Charakterzüge, bei den ich mir wünsche, noch mehr Fälle mit den beiden genießen zu dürfen. Zumal hier eigenes im Privatleben nur angedeutet wird und einige Fragen aufwirft, die ich zu gerne beantwortet hätte. Kommen wir zum Schreibstil der Autorin, die dieses Buch erst zu einem vollkommenden Werk macht. Selten erlebe ich eine Geschichte, die so locker leicht im Schreibstil daher kommt und dabei so viel Inhalt mit sich trägt. Hier schreibt eine Poetin, die es versteht, diese Ebene so geschickt zu verpacken, dass es weder schwerfällig noch unverständlich wird.  Ich empfinde das Buch als perfekte Form eines Thrillers, die Ebenen einnimmt, auf die andere noch zu wenig eingegangen sind. Für mich ein absolutes Lesehighlight, welches die 5 Sterne verdient.

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