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schizothekare

Posted on 2.4.2020

Wenn man zu einem dritten Teil einer Trilogie greift, bedeutet das: es ist der letzte Teil, es wartet das große Finale, in dem sich alles zusammenfügt und den Leser dann glücklich oder gänzlich unzufrieden zurücklässt. Genau dies ist unser Problem. Wir beenden ungerne Reihen und diese machte da keine Ausnahme. Vielleicht erinnert ihr euch daran, dass wir vom ersten Teil mehr als begeistert waren und der zweite Teil uns einfach nur enttäuschte. Vollkommen zwiegespalten, wie wir nun mal sind, standen wir vor diesem Werk. Natürlich landete es aus vollkommen rationalen und logischen Gründen in unserem Korb - gelesen haben wir es jedoch nicht direkt. Da brauchten wir dann noch eine Woche, um uns zu überwinden. Der Klappentext gab jetzt nicht so viel her. Erwähnung fand, dass die Großen Spiele mit dem vermeintlichen Mord am Konsul endeten und Mia sich nun auf den Weg macht, sich und die Republik zu retten. Das war echt ganz gut als kurzer Reminder und versprach nicht zu viel. Was dieses Buch, nein diese Reihe, zu etwas Besonderem macht sind ohne Zweifel die Charaktere. Begonnen bei der Protagonistin Mia Corvere - eine kaltblütiges, mordendes Kottermaul, tief in ihr versteckt sich jedoch die Sehnsucht im Kreis ihrer Lieben ein normales Leben zu führen. Ihr Innenleben ist eindringlich dargestellt und wie schon in den Teilen zuvor, wird einem schnell klar, dass es nicht nur schwarz oder weiß gibt. Mia ist Gejagte. Mia ist Jägerin. Mia ist Mörderin. Mia ist Geliebte. Kurz - Mia ist Mensch. Dieses Konzept wird auf die meisten Charaktere angewandt und das ist es auch, was ein Verständnis beim Leser hervorruft. Was einen mitfühlen lässt - im gleichen Maße flucht und jubelt man. Das fluchen ist nur nicht so eindrucksvoll wie Kristoff es kann. An dieser Stelle wollen wir nicht zu viel verraten, ABER: es tauchen Personen wieder auf, mit denen man nicht gerechnet hat. Nicht nur die Charaktere machten dieses Werk einzigartig, auch die erschaffene Welt war der Hammer. Jetzt sollte man meinen, dass in einem Finale jetzt nicht auch noch viele Sachen dazukommen dürfen, da man sie nicht mehr abschließend behandeln kann, aber Jay Kristoff kriegt es einfach hin. Wir reisen also durch viele Fleckchen der Welt und keine lässt Fragen offen. Detailreich und durchweg phantasievoll kann man hier abtauchen - immerhin hat man dazu 800 Seiten Zeit. Klingt aber eindeutig mehr als es letztendlich in der gefühlten Wahrnehmung war. Es gab keine einzige langweilige Seite. Das letzte Abenteuer von Mia ist einfach rasant, kurzweilig und durchweg spannungsgeladen. Ab und an sind Kristoffs Settings sehr düster und die Stimmung sehr bedrückend. Das ist nichts, was negativ ins Gewicht fallen sollte, denn die Passagen sind sehr schlau gewählt. Sie untermauern den Kampf, die Notwendigkeit des Kampfes und die Ausweglosigkeit bei einer möglichen Niederlage nur und verweben so Handlung und Atmosphäre zu einem stimmigen Gesamtbild. Auch wenn diese überwiegen, gibt es dennoch viele Lichtblicke. Da stimme ich vollständig zu. Die düsteren Szenen überwiegen, jedoch fällt man als Leser in kein Loch, da Jay es alleine in den altbewährten Fußnoten schafft, Sarkasmus, Witz und Charme in die Geschichte zu bringen ohne in die Handlung weiter einzugreifen. Die vorherigen Worte dürften schon den Eindruck geweckt haben, dass Begeisterung ein zu geringes Wort für das Finale dieser Reihe ist. Selten hat sich in einem Finale alles so lückenlos zusammengefügt und alle losen Ende wurden von Kristoff zu einem robusten Faden gesponnen. Jay Kristoff hat durch die Nevernight-Reihe einen hohen Stellenwert bei uns erhalten. Auch wenn der zweite Teil doch etwas enttäuschend war, so hat er als einer unserer Lieblingsautoren eine zweite Chance verdient und diese hat er mit dem Finale in vollem Umfang und zu absoluter Befriedigung genutzt. Wir hoffen also definitiv auf ein SpinOff, so dass wir nicht ganz auf diese Welt verzichten müssen. Weitere, ganz andere Werke von ihm nehmen wir aber auch sehr sehr gerne.

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