
alais
In dieses Buch habe ich mich aufgrund seiner liebevollen und hochwertigen Gestaltung sogar schon vor dem Lesen verliebt. So ist es mit einem grünen Lesebändchen und traumhaft schönen Aquarellbildern von Grisha Fisher ausgestattet, die Landkarten ähneln, nur dass auf ihnen Blätter als Kontinente fungieren … Manchmal hätte ich mir, wenn im Text von fernen Ländern, ausgefallenen Pflanzen und ausgestorbenen Tierarten die Rede war, auch hierzu Bilder zur Veranschaulichung gewünscht, aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau. Die Illustrationen dieses Buches sind etwas ganz Besonderes, sehr künstlerisch und doch zugänglich, farbenfroh und dabei sehr zart und zum Träumen einladend, einfach zauberhaft. Aber auch der Inhalt begeisterte mich: Was für unterschätzte Wesen Pflanzen doch sind! Ich staunte immer wieder über die wissenschaftlichen Erkenntnisse über sie – elterliche Fürsorge, jahrtausendealte Samen, die noch keimen können ... Dieses Buch ist eine wahre Schatztruhe für solche Wissensperlen, nie langweilig oder zu akademisch, immer allgemein verständlich und ganz offensichtlich mit einer leidenschaftlichen Liebe für die Pflanzen verfasst. Und wie bei allen richtig guten Sachbuchautoren hatte ich auch hier das Gefühl, einem Universalgelehrten zu lauschen, der auf unterhaltsame Art einen großen Bogen schlägt, sowohl auf die neuere als auch auf die weit zurückliegende Geschichte unseres Planeten eingeht und größere Zusammenhänge aufzeigt. So erfährt man nebenbei Wissenswertes aus aller Welt und verschiedenen Zeiten – beispielsweise über die ausgestorbene Megafauna Amerikas oder die grausige Geschichte der Festung Masada ... Der Autor räumt mit etablierten Vorstellungen von invasiven Pflanzen auf und zeigt, dass beispielsweise typische Pflanzen der italienischen Küche genau auf diese Weise in Italien eingewandert sind (die Tomate aus Mittelamerika, Basilikum aus Indien), erst invasiv, dann heiß geliebt ... Es handelt sich also eine Entwicklung, die nicht per se schlecht ist und in die der Mensch sich auch nicht unbedingt einmischen muss ... Besonders berührt aber haben mich die Geschichten der einsamen und unglaublichen alten Bäume und der respektvolle Umgang der Japaner mit jenen Bäumen, die den Atombombenangriff auf Hiroshima überlebt haben ("Hibaku jumoku" genannt). Zum Schluss möchte ich auch den Übersetzer Andreas Thomsen lobend erwähnen, denn auch sprachlich ist dieses Buch ein Genuss! Für mich ein Lieblingsbuch!