kingofmusic
Friedrich „Fritz“ Haarmann – die meisten von uns werden schon einmal etwas von diesem Serienmörder gehört haben. Ich bringe damit oft den von mir geliebten Film „Der Totmacher“ mit dem großartigen Götz George in Zusammenhang. Nun zählt der Kriminalroman „Haarmann“ von Dirk Kurbjuweit zu meinen zukünftigen (guten) Erinnerungen dazu. Der Autor hat dabei jedoch alles andere als ein literarisches Denkmal für Fritz Haarmann geschaffen; wer mit diesen Erwartungen an das Buch herangeht, wird vermutlich enttäuscht werden. Es gibt (wenn überhaupt) nur rudimentär neue Erkenntnisse für die Leserinnen und Leser. Allerdings bin ich der Meinung, dass man mehr über Haarmann gar nicht wissen muss. Vielmehr geht es Kurbjuweit in seinem Buch darum, die Stimmung in der jungen Weimarer Republik wiederzugeben. Das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Politik (egal ob demokratisch oder links, (leider) weniger von rechts) und - speziell im Raum Hannover, wo Haarmann sein Unwesen trieb - gegenüber der Polizeiarbeit wächst. Und hier kommt der fiktive Kommissar Robert Lahnstein ins Spiel, der die Misserfolge der Hannoveraner Polizei bei der Suche nach verschwundenen Jungen in einen Erfolg „umwandeln“ soll. Lahnstein ist ein in sich gekehrter und an sich selbst zweifelnder Charakter, dem das Leben schwer zugesetzt hat. Er wacht immer wieder aus Alb- oder Tagträumen auf, in denen seine Frau Lissy und sein Sohn August eine Rolle spielen. Was mit Frau und Sohn passiert ist, wird allerdings erst sehr spät deutlich. Zunächst ist auch Lahnstein´s Arbeit nicht von Erfolg gekrönt, da immer mehr Jungen verschwinden, seine Kollegen intrigieren und er in Folge dessen immer mehr Druck von außen und von innen ertragen muss. Ein Flug mit einer Albatros-Maschine bringt schließlich die entscheidende Wende… Mehr sei an dieser Stelle gar nicht verraten, zumal das Ende (Haarmann wird gefasst, verurteilt und hingerichtet) bekannt ist. Der etwas ungewöhnliche, eher nüchtern-trockene Schreibstil sowie keinerlei „wörtliche Rede“ ist zunächst ungewohnt, sollte jedoch kein Grund sein, diesem Roman keine Chance zu geben. Auch die am Ende eines jeden Kapitels kursiv dargestellte Sichtweise von Haarmann sowie die ebenfalls kursiv dargestellten Texte aus der Sicht der Opfer werden sachlich und ohne jedwede „Wertung“ von Kurbjuweit wiedergegeben. Alles in Allem liegt mit „Haarmann“ ein großartiger Kriminalroman vor, der von mir die verdienten 5* sowie eine Leseempfehlung bekommt! ©kingofmusic