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stinsome

Posted on 30.3.2020

Ich sitze immer noch vor dem Ende dieses Buches und bin zwiegespalten, was ich von der Protagonistin halten soll. Ist sie nun gut oder böse? Hat sie sich verändert oder nicht? Insgesamt hatte ich dieses Gefühl beim Lesen ständig. Jede Figur hat so viele Facetten, das sie nicht klar in Gut und Böse eingeordnet werden kann, denn wird im einen Moment Grausames über sie erzählt, so hat man im nächsten den Eindruck, dass der Schein trügt. Andersherum verhält es sich genauso. Am deutlichsten ist dies bei unserer Protagonistin der Fall. Die Dreizehnte Fee. War sie einst die Mächtigste aller Feen, die Grausamste unter ihnen, von ihren eigenen Schwestern bis heute gefürchtet, so sieht sie sich nun damit konfrontiert, keine Macht mehr zu haben. Ihre Kräfte sind verschwunden und sie weiß nicht, wieso. Stattdessen sind dort auf einmal Gefühle wie Reue, Schuld und Mitleid, die sie zuvor nie empfunden hat und ihr schwer aufs Gemüt schlagen. Und auch der Hexenjäger löst von Beginn an unbekannte Gefühle in ihr aus, Gefühle, nach denen sie sich schon in ihrem früheren Leben gesehnt hat, obwohl es überall hieß, Feen seien nicht in der Lage, zu lieben. Auf ihrem Weg der Rache wird sie mit eben diesem Chaos an Gefühlen konfrontiert, zieht ihre Entscheidungen in Zweifel, schwankt zwischen Rache und dem Wunsch nach Liebe und der Leser leidet mit ihr mit, weiß selbst nicht, was er von ihren Schwestern halten soll und was richtig und was falsch ist. Ihre neue menschliche Seite, hervorgebracht durch ihre fehlende Magie, macht sie zu einer Sympathieträgerin, da sie Mitgefühl und Reue aufbringt, und im nächsten Moment wird all das wieder in Zweifel gezogen, wenn ihre andere Seite, die Königin, hervorbricht. Und dennoch habe ich selbst in diesen Momenten, in denen ihre böse Seite, ihre gnadenlose, grausame Seite, zum Vorschein kam, gemerkt, dass ich mit ihr mitgefiebert habe. Ich konnte ihre Gefühle in diesen Momenten verstehen, denn sie war nicht von bloßer Rache angetrieben, sondern auch von anderen Gefühlen, die mein Mitgefühl anschlugen. Der Hexenjäger ist eine ebenso schwierige Figur, denn er hat sowohl die typische Rolle des Helden, als auch die des Bösewichts inne, ist er es doch, der auch den Tod der Dreizehnten Fee plant. Er möchte die Menschheit endlich von der schrecklichen Herrschaft der Hexen befreien und wird dabei angetrieben von seinem eigenen Wunsch nach Rache. Zeigt er schon gleich zu Anfang körperliches Interesse an unserer Protagonistin, so macht er es ihr gefühlstechnisch enorm schwer. Sie ist seine Gefangene, sein Feind und das macht er ihr immer wieder deutlich. Ein interessantes und spannendes Figurenverhältnis, denn obwohl ich anfangs noch sehr skeptisch war, als die Protagonistin schon nach der ersten körperlichen Annäherung von Liebe sprach, so wurde das durch seine distanzierte Reaktion darauf wieder wettgemacht. In diesem Buch wird keine rosige Welt gezeichnet, denn trotz Julia Adrians malerischen schönen Schreibstils, werden wir mit einer düsteren, verdorbenen Welt konfrontiert. Es wird nichts beschönigt, die Feen sind teilweise wirklich grausame Gestalten, gleichzeitig in ihrer Art aber unglaublich faszinierend. Die Autorin hat sich für jede einzelne etwas Besonderes überlegt und dabei ordentlich in die Märchenkiste gegriffen. Es war immer wieder interessant, wie Märchen hier verzerrt und zu etwas völlig Neuem gemacht wurden. Die Idee, die dieser Welt und der Plot Line zu Grunde liegt, hat mich durchgehend bei Laune gehalten und war extrem spannend. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen, da eine Konfrontation auf die nächste folgte und es nur wenige ruhige Momente gab, in denen man mal durchatmen konnte. Es gibt noch so viele offene Fragen, denen ich so schnell wie möglich in den nächsten Bänden auf den Grund gehen möchte. Fazit Ich bin von diesem Buch einfach nur begeistert. Für alle, die Märchen lieben, ist „Die Dreizehnte Fee“ ein absolutes Must-Read! Ich vergebe die volle Punktzahl.

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