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stinsome

Posted on 30.3.2020

„Grischa – Goldene Flammen“ ist wieder einmal ein spannender Auftakt einer vielversprechenden Trilogie. Wie das meistens so ist, wenn man das erste Mal in eine neue Fantasy-Welt eintaucht, hatte mich der Einstieg in das Buch zunächst etwas überfordert. Die vielen russischen Namen und die Fachbegriffe, mit denen man noch nichts anfangen konnte, wirkten gewöhnungsbedürftig und erschlagend, aber mit Voranschreiten der Seitenzahl schlossen sich die Wissenslücken immer mehr, obwohl ich selbst jetzt noch nicht behaupten würde, dass ich die Welt vollkommen erfasst habe. Manches ist mir immer noch etwas unklar, was zwar nicht übermäßig störend für das Verstehen der Handlung war, sich aber hoffentlich mit dem Lesen der Folgebände ändern wird. Die Idee der beschriebenen Welt finde ich brillant. Es mag zwar Parallelen zu anderen Büchern geben, die Idee an sich ist jedoch etwas absolut Neues. Das Verknüpfen der verschiedenen Magier – Grischa – mit der Schattenflur und der Rolle Alinas in der Geschichte hat mich mitgerissen und beeindruckt. Wie sich die Geschichte weiterspinnt ist absolut spannend und hält für den Leser auch hin und wieder Überraschungen bereit, die das Lesevergnügen noch etwas steigern. Die Figurenpalette ist bunt gemischt und bietet alles auf, um spannende Unterhaltung zu garantieren. Alina ist eine angenehme Protagonistin, in die man sich gut hineinversetzen kann. Sie ist keine Schönheit, sondern eher unscheinbar und durchschnittlich, und muss mit ihrer Verliebtheit ihrem besten Freund gegenüber, der diese allem Anschein nach nicht erwidert, hinter dem Berg halten. Zu Anfang hatte ich mich ein wenig an ihrer starken Eifersucht gestört, die sie zwar nicht offen, aber innerlich austrägt, jedoch haben ihr Mut und ihre vorlaute Art dies schnell wieder wettgemacht. Sie ist eine Protagonistin, aus deren Sicht ich gerne gelesen habe, vor allem, weil ihr Humor stellenweise wirklich göttlich war und ich herzhaft über ihre Kommentare lachen musste. Leider gab es jedoch auch viele Momente, die meinen Humor ganz und gar nicht getroffen und deswegen eher Verwirrung bei mir ausgelöst haben. Maljen, Alinas Kindheitsfreund und heimliche Liebe, war mir anfangs nur wenig sympathisch. Er wirkte sehr oberflächlich und eingebildet, sabberte lieber schönen Frauen hinterher als mit Alina Zeit zu verbringen. In den Momenten, in denen er jedoch ehrliche Besorgnis um Alina zeigt, bekommt der Leser einen kleinen Vorgeschmack auf sein späteres Ich. Hier wird deutlich, wie viel Alina ihm eigentlich bedeutet, weshalb er sich langsam aber sicher zu einem meiner Favoriten hochgearbeitet hat. Bei dem Dunklen hatte ich dummerweise die ganze Zeit einen Voldemort vor Augen, obwohl die beiden wahrscheinlich nur die schwarze Kleidung und die Blässe gemeinsam haben. Ganz sicher sogar unterscheiden sie sich darin, dass dem Dunklen ein junges und gutes Aussehen zugesprochen wird. Trotz dieses eher abschreckenden und völlig falschen Bildes seines Äußeren, das ich einfach nicht mehr loswurde, war er für mich ein sehr interessanter und spannender Charakter, der immer völlig anders reagierte, als man es vielleicht erwartete. Mittlerweile bin ich bei ihm eher zwiegespalten, da ich den Eindruck habe, ihn noch nicht völlig einschätzen zu können. Ich hoffe, in den nächsten Bänden noch mehr von ihm lesen zu dürfen, um das Rätsel um seine Persönlichkeit zu lösen. Wie man jetzt wahrscheinlich schon erahnen kann: Ja, es handelt sich hier um eine Art Dreiecksbeziehung – und ja, mittlerweile gibt es dazu eher geteilte Meinungen. Hier jedoch finde ich die Konstellation interessant: Auf der einen Seite der Kindheitsfreund, der sich zwar um sie sorgt, bei dem sie aber in der Friendzone zu stecken scheint, und auf der anderen Seite der vermeintliche Bösewicht, der eventuell gar nicht so böse ist. Ich war mir lange Zeit nicht sicher, für wen ich Partei ergreifen soll, glaube aber mittlerweile, dass ich meine Entscheidung diesbezüglich getroffen habe. Für wen verrate ich an dieser Stelle jedoch nicht. Obwohl die Gefühle der Protagonistin durch den angenehmen Schreibstil gut transportiert und die Umgebung wie auch die Figuren interessant und bildhaft beschrieben werden, so kann leider nicht bestritten werden, dass Bardugo nicht besonders gut darin ist, Kussszenen zu beschreiben. Mehr als ein einfaches „Er küsste sie“ findet man hier leider nicht vor, die Momente werden nicht gut aufgebaut und dadurch wirken die Szenen eher bedeutungslos. Das fand ich schon relativ störend, da es ja auch diese Szenen sind, auf die man sich irgendwie freut. Fazit Insgesamt ist „Grischa – Goldene Flammen“ ein Auftakt, der mir sehr gut gefallen hat und dessen Ende Lust auf die Folgebände macht. Das Buch hat alles, was ein guter Fantasy-Roman braucht: eine faszinierende neue Welt, interessante Charaktere und eine spannende Handlung, die hin und wieder auch Überraschungen bereithält. Von mir gibt es 4,5 Sterne und definitiv eine Leseempfehlung!

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