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bines_brimborium

Posted on 30.3.2020

Seit langer, langer Zeit endlich mal wieder eine "Pflichtlektüre". In diesem Fall ein Drama, das ich für meinen Kurs "Einführung in allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaften lesen muss. "Amphitryon" wurde (laut meiner Ausgabe) 1668 in Paris uraufgeführt. Ich habe gehört, dass das Stück für Molière von daher untypisch sein soll, dass es nicht um französische Adelsmänner geht, sondern dass er seine Komödiantische Moralpredigt im antiken Rahmen, nämlich mit dem "Tatort" Theben und antiken Persönlichkeiten, Götter sowie Menschen, zum Besten gibt. Genau gesagt fängt die Misere damit an, dass der gute Göttervater Jupiter sich in die frisch verheiratete Menschenfrau Alkmene verguckt (oder sie einfach nur heiß findet), deren Gatte Amphitryon sich gerade in der Schlacht um Theben gefindet. Diesen Umstand nutzt er schamlos aus, nimmt die Gestalt von Amphitryon an (seine Neigung zum Gestaltwandeln wird am Anfang von seinem Gehilfen Merkur und der Nacht herrlich parodiert) und schleicht sich so ganz einfach zu Alkemene ins Bett und verbringt mit ihr eine ungewöhnlich lange Liebesnacht (da er zuvor der Nacht befohlen hat, länger zu währen). Am nächsten Morgen verlässt er sie wieder und kurz darauf erscheint der echte Amphitryon und fühlt sich von der verhaltenen Wiedersehensfreude seiner Frau gekränkt. So entsteht grob gesagt ein total theatralischer Ehestreit und totale Verwirrung. Zumal sich Jupiter später wieder einmischt und Alkmene dazu bringt ihm wieder zu verzeihen. Insgesamt ist es also ein heilloses Durcheinander, zumal nicht nur Jupiter Amphitryon die Identität stiehlt, sondern auch Jupiters Gehilfe Merkur Amphitryons Gehilfen Sosias die Identität stiehlt. Meiner Meinung nach ist Merkur wirklich ein hundsgemeiner Kerl, der selber sagt, dass er aus reinem Vergnügen Sosias neckt und ärgert, was sich vor allem auf seine Beziehung zu seiner Gattin Cleanthis auswirkt. Deren Verhältnis schien noch nie das Beste gewesen zu sein, aber Merkur schafft es das Ganze so sehr zu zerrütten, dass Cleanthis Sosias mehrmals droht ihm untreu zu werden. Ich muss sagen, dass ich die Neckereien zwischen Cleanthis und Sosias mit am unterhaltsamsten fand und besonders bei Cleanthis oft laut loslachen musste. Noch besser fand ich aber das Vorspiel zwischen der Nacht und Merkur. Ich habe so gelacht. Wirklich gut, so muss ein Buch eröffnet werden! Obwohl die Götter den Menschen in dem Stück wirklich böse mitspielen, empfinde ich es trotzdem zum größten Teil als sehr lustig. Trotzdem finde ich, dass es im 3. Akt dann doch irgendwann umschlägt und einem das Lachen im Halse stecken bleibt, etwa als Amphitryon für einen Hochstapler gehalten wird, er nicht mehr in sein Haus darf und seine Freunde sich von ihm abwenden. Auf diesen Teil folgt dann aber glücklicherweise die Moral von der Geschicht, als die Götter sich zu erkennen geben und Amphitryon durch den Segen des Jupiters und die Prophezeiung eines Heldensohnes namens Herkules die Umstände wieder gut machen will. Denn dann ist auf einmal alles gut zwischen Amphityon und Alkmene. Die Ehre ist nicht beschmutzt, sondern gerade weil es ein Gott war, mit dem Alkmene ihr Lager teilte, soll alles vergessen sein. Und Amphitryons Ehre ist dadurch sogar noch gesteigert, dass sich der höchste aller Götter seiner Gestalt bemächtigen musste, um Alkmene "rumzukriegen". Platt gesagt heoßt das also, dass sich die Götter alles erlauben können, weil sie eben Götter sind, egal wie verkommen sie sind. Ich muss sagen, dass mir diese kurze Lektüre von ca. 60 Seiten sehr gut gefallen hat. Es war kein Problem sie in einem Rutsch durchzulesen und für das 17. Jahrhundert war die Sprache auch erstaunlich verständlich und einfach zu lesen. Man kann also sagen, dass es sich hier um die perfekte Schullektüre handelt: Wenige Seiten, leicht zu lesen und zu verstehen und dazu noch amüsant und mit einer netten Botschaft am Ende. Was will man mehr? Wenn ihr also dieses Werk auf eurer Leseliste in Uni oder Schule sehen solltet, müsst ihr keinesfalls in Panik verfallen. Ich würde auch unheimlich gerne das Stück mal auf der Bühne sehen. Ich glaube, dass dort die Komik noch viel besser als beim Lesen herauskommen wird. Ich bin jedenfalls gespannt, was wir im Seminar noch darüber sagen werden und wie sich Kleists Version des Stoffes, die ich auch noch lesen muss, hier von unterscheidet.

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