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bines_brimborium

Posted on 30.3.2020

Inhalt : Der örtliche Landarzt Charles Bovary verliebt sich bei einem Arztbesuch in die hübsche Tochter seines Partienten. Nach dem Ableben seiner Frau wird die Hochzeit mit dem durchs Kloster gebildeten und geschulten, jedoch auch verklärten Bauernmädchens. Emma hofft daraufhin ihren Traumprinzen, von dem sie schon in so vielen Büchern gelesen hat, gefunden zu haben, bemerkt jedoch schnell, dass dem nicht so ist. Sie sehnt sich nach Höherem als das Mittelmaß, was Charles ihr in dem kleinen Ort bietet. Schnell versinkt sie in Langeweile und Trauer. Erst die Bekanntschaft mit anderen Herren aus der Stadt, weckt sie aus ihrer Lethargie wieder auf... Ob es in dem Buch mehr um Emma oder um Charles geht, darüber lässt sich streiten. Jedenfalls ist mir Charles doch mehr ans Herz gewachsen als Emma, da er ein unheimlich liebevoller Ehemann ist, den Emma einfach nicht zu würdigen weiß. Wenn man die Geschichte nun vollständig und objektiv erzählen würde, würde Emma einem wie das letzte Miststück vorkommen, taucht man jedoch während des Lesens in Emmas Gedankenwelt ein, was erschreckend gut funktioniert, kann man ihre Handlungen und Sehnsüchte verstehen, wenn auch nicht unbedingt nachvollziehen. Dieses Eintauchen in die Charaktere, besonders in Emma, ist auch der Grund, warum dieses Buch 4 Sterne verdient hat und was es meiner Meinung nach so besonders macht. Obwohl ich Emmas Charakter wirklich nicht mag, habe ich sie oft so sehr verstanden und mich teilweise wie sie gefühlt. Vor allen Dingen in ihren depressiven Phasen war ich ganz bei ihr, weshalb ich zu Depressionen neigenden Menschen dieses Buch auch nicht empfehlen würde. Positiv fand ich aber auch vor allem den Schreibstil. Obwohl die Sätze lang und verschachtelt sind und die Sprache generell sehr detailreich ist, konnte man das Ganze sehr gut lesen, weil die Sprache einfach einen schönen Fluss hat. Ich fand sie sehr poetisch und einfach nur schön. Ich habe einige Kapitel zuvor schon mal auf französisch gelesen, also würde ich sagen, dass die Übersetzerin einen guten Job gemacht hat. Ich habe noch kein anderes Werk aus dem französischen Realisme gelesen, aber mir kommt der Schreibstil für die Epoche doch sehr typisch vor. Die Überlegungen Flauberts und seine Gedankengänge finde ich doch ziemlich philosophisch und trotzdem realistisch, weil alles so verpackt wird, dass es so aus dem Leben gegriffen wirkt, ich hoffe, ihr wisst, was ich meine. Jedenfalls hatte ich oft diesen Moment, wo ich die Geschichte unterbrochen habe und erstmal eine Minute über einen Gedanken in dem Buch nachgedacht habe. Vielleicht ist das aber auch der Grund, weshalb man oft schwer mit der Geschichte vorankommt. Manchmal, vor allem am Schluss, wie ich fand, gab es einige Längen, die man sich hätte sparen können. Sehr spannend ist die Geschichte jedenfalls nicht. Trotzdem war der Roman für mich lesenswert und gut, vor allem wegen des wunderschönen Stils und der Erzählweise, die oft einfach alles beschreibt, sodass man kaum selber interpretieren muss, man aber trotzdem, und ich hasse diesen Ausdruck, aber hier passt er, zum Nachdenken angeregt wird. Das Lesen hat Spaß gemacht. Weniger wegen der Geschichte an sich, sondern wegen der philosophischen Aspekte und der Sprache und dem Stil an sich.

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