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literaturbegeistert

Posted on 28.3.2020

Ich kann sehr gut nachvollziehen, wieso das Buch den deutschen Buchpreis 2019 bekommen hat und wieso es für viele als großartig empfunden wird. Das Thema in diesem Buch ist momentan, besonders im Hinblick auf die Flüchtlingskrise hochaktuell. Nach nur wenigen Seiten war ich fasziniert. Allerdings hatte ich mit dem sehr eigenen und innovativen Schreibstil des Autors etwas zu kämpfen. Saša Stanišić beschreibt fast schon autobiographisch in Zeitabständen immer wieder seine eigenen Geschichten. Wie es ist, wenn man nicht genau weiß, woher man kommt, wohin man gehört. Man lernt so die jugoslawische Sprache kennen, die Familie Stanišić´und die Probleme, die sie hatten ihrer Herkunft Wegen. Der Leser bekommt Einblicke in den Diskurs über Herkunft, Flucht und Immigration. Man wird als Leser automatisch für dieses Thema sensibilisiert. Man bekommt mit, wie all diese Themen mit den Themen Identität, Rassismus, Vorurteile und Ausgrenzung zusammenhängen. Ein durcheinander der Gefühle meinerseits. Ich war so betroffen, so emotional, als ich all diese Dinge gelesen habe. Selten konnte ich mich so gut in einen Protagonisten hineinversetzen und mitfühlen, wie in diesem Buch. Das Schlimme dabei ist, dass es keine Fiktion ist, es ist echt und genau so passiert. Saša Stanišić redet von seinen eigenen Empfindungen, seinen eigenen Gefühlen und Erlebnissen. Das hat mich schlichtweg beeindruckt. Kommen wir aber zu meiner Kritik, die für mich leider all das Positive an dem Buch abgewertet hat. Der eigentlich sehr individuelle und innovative Schreibstil ist für viele das Besondere an diesem Buch. Ich persönlich konnte mich bis zuletzt nicht mit dem eigensinnigen Schreibstil und die Aneinanderreihung von verschiedenen kurzen und manchmal sinnlosen Wörtern anfreunden. Der Schreibstil ist unvergleichlich, keine Frage, aber ich glaube es ist wieder etwas, was man entweder sehr mag oder eben gar nicht mag. Bei mir war es leider Letzteres. Inhalt und Struktur passen wirklich gut zusammen. Denn genau so, wie Stanišić seine Lebensgeschichte durcheinander und fast schon ohne Ordnung zu einem literarischen Werk projiziert hat, passten auch seine wirre Aneinanderreihung von Wörtern, die kurzen Sätze und extrem kurzen Kapitel dazu. Eigentlich ist es schon ein Meisterwerk, sehr innovativ eben, aber eben nicht das, was ich gerne lese bzw. womit ich meine Schwierigkeiten hatte. Von mir gibt es deswegen 3 Sterne. Ich spreche diesem Buch aber definitiv eine Empfehlung aus, weil es thematisch und inhaltlich überragend ist. Stilistisch und sprachlich war es aber nicht mein Fall. Überzeugt euch selbst, ob ich mit diesem Schreibstil klar kommt. Ich bin letztendlich aber sehr froh, dieses Buch gelesen zu haben, denn es hat mir viel gegeben!

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