bines_brimborium
Den Hype um „Love Letters to the Dead“ von Ava Dellaira in der Booktuberszene habe ich eigentlich erst mitbekommen, als ich das Buch vom cbt Verlag zum Rezensieren bekommen habe. (Vielen lieben Dank dafür nochmal.) Ich kann ihn jedenfalls nach meiner Lektüre voll und ganz nachvollziehen. Die Protagonistin Laurel kommt auf die Highschool. Eine Highschool, auf der sie niemand kennt und das ist auch gut so, wie sie findet. Trotzdem hat sie ihre Startschwierigkeiten. Im Englischunterricht bekommt sie die Aufgabe, an eine verstorbene Persönlichkeit einen Brief zu schreiben und hört seit dem erstmal nicht damit auf. Die Handlung beginnt genau mit diesem ersten Brief, den sie für die Schule schreiben soll. Doch sie schreibt nicht etwa an einen verstorbenen Präsidenten, wie es sich ihre Lehrerin vielleicht gewünscht hätte, sondern an den Lieblingssänger ihrer verstorbenen Schwester May. Kurt Cobain. Zusammen mit Persönlichkeiten wie Amelia Erhard und Amy Whinehouse wird er zum Vertrauten Laurels: Das Buch besteht ausschließlich aus Briefen Laurels an tote Personen, in denen sie ihr erstes Jahr an der Highschool und vor allem ihre Familienprobleme und die Beziehung zu ihrer kürzlich verstorbenen Schwester May dokumentiert. Themen dieses Jugendromans sind im Grunde ganz typisch für das Genre: Schule, Freundschaft, Familie und die erste Liebe. Trotzdem ist dieser Roman für mich alles andere als durchschnittlich gewesen. Er hat mich viel eher in meinem Innersten berührt und erschüttert, wofür ich in erster Linie den außergewöhnlichen Schreibstil Ava Dellairas verantwortlich mache. Bei vielen Formulierungen konnte ich mir einfach nur an den Kopf fassen, weil sie so bestürzend zutreffend waren. Es kam mir so vor, als formuliere Ava Dellaira Gedanken, die ich selber schon einmal hatte, aber nicht in der Lage dazu war, diese selber steinern zu machen. In etwa, wenn sie schreibt: „Ich betrachtete meine Hände. Der lila Nagellack war schon ziemlich abgeblättert und die Reste sahen aus wie unbekannte Kontinente auf einer Weltkarte.“ (S.87) Dieser und viele weitere verblüffend zutreffende Vergleiche haben das Buch meiner Meinung nach ganz besonders lesenswert gemacht. Aber auch an den Charakteren konnte ich nichts aussetzen. Zwar stand ich zunächst Laurels Freundin Hannah und Tristan etwas skeptisch gegenüber, weil ich Angst hatte, sie könnten einen schlechten Einfluss auf sie nehmen, doch schon bald konnte ich mich aufgrund dieser Vorurteile nur schämen. Vor allem Hannah ist mir sehr ans Herz gewachsen, so wie eigentlich jeder Charakter. Ganz besonders konnte aber Laurels Schwarm Sky mit seiner unterstützenden Art, die dennoch nie zu weit ging, mein Herz erobern. Ich finde einfach, dass Sky sich genau richtig verhält ohne dabei perfekt zu sein, was ihn mir wahnsinnig sympathisch gemacht hat. Er war für mich gleichzeitig Held und Antiheld. Immer gerade zur richtigen Situation und richtig böse sein konnte ich ihm nie. Derjenige, der mich am Ende aber Rotz und Wasser hat heulen lassen, war Laurels Vater. Generell mochte ich die Vorgeschichte der Eltern auch sehr. Die Worte des Vaters, der eigentlich das Buch hinüber still vor sich hin leidet, zum Ende hin, haben bei mir alle Dämme brechen lassen. Seine Beschreibung war auch unheimlich feinfühlig. Wie man sehen kann, habe ich kaum etwas zu kritisieren an „Love Letters to the Dead“. Ich habe wirklich jede Minute in diesem Buch genossen. Ich war immer ganz nah bei Laurel, May, ihrer Familie und Freunden und auch bei den verstorbenen Persönlichkeiten, die ich auch sehr gerne kennen und verstehen gelernt habe. Obwohl das Buch wirklich schwere Themen behandelt, hat es mich in einer wahnsinnig positiven Stimmung entlassen. Die Entwicklung, die Laurel im Zuge der Trauerbewältigung um ihre Schwester May in einem Jahr macht, hat mir so viele schöne und traurige Momente beschert. Selten habe ich eine so inspirierende und feinfühlige, dabei authentische Teenagergeschichte gelesen, die so viel in mir ausgelöst hat. Ich kann wirklich nichts bemängeln und bin unendlich froh, das Buch gelesen zu haben. Ich warte ab jetzt sehnsüchtig auf ein weiteres Buch der Autorin. 5/5 Sterne.