Ladybug
Die Macht der Feder 1978 wird der Schriftsteller John Rothstein von Morris Bellamy und zwei seiner Freunde überfallen, ausgeraubt und ermordet. Morris ist fanatischer Anhänger von Rothsteins Romanfigur Jimmy Gold und hasst den Autor dafür, dass er diesen angeblich „in den Dreck gezogen“ hat. Doch Morris, der seine Kumpane anschließend tötet, landet – für ein völlig anderes Verbrechen – für über 30 Jahre im Gefängnis. Als er auf freien Fuß kommt, sucht er seinen vergrabenen Koffer mit dem Geld und den Notizbüchern aus dem Raub bei Rothstein. Er findet nur einen leeren Koffer – und macht sich voller Hass auf die Suche nach seinem „Eigentum“ … King erzählt die Geschichte eines kleinen Jungen, der überraschend die Möglichkeit hat, seinen Eltern aus einer schweren Situation zu helfen. Dass sein Fund nicht wirklich ihm gehört und seine Geldbriefe nicht so ganz legal sind, weiß er. Aber er ist ein Junge und liebt seine Eltern – er will helfen und nur das zählt in diesem Augenblick. Der Leser schließt Pete und seine kleine Schwester Tina auch schnell ins Herz. Umso entsetzlicher ist dann die Erkenntnis, dass Pete sich mit seiner Idee, wie er Tina die Privatschule ermöglichen kann, in große Gefahr bringt. Pete denkt immer an andere, nie an sich – und genau das wird ihm zum Verhängnis. Wie gut, dass Bill Hodges – dem King-Fan aus „Mr Mercedes“ bereits wohlbekannt – ein Freund von Tinas Freundin Barbara ist. Sie bringt die beiden zusammen und sorgt dafür, dass Hodges Tina und Pete hilft. Das Buch ist als Roman deklariert und mutet lange Zeit auch als solcher an. Die Spannung schleicht sich nach und nach ein und steigert sich immer mehr, bis man das Buch nicht mehr aus den Händen legen kann. Dennoch fehlt mir etwas. Hier habe ich das Gefühl, King fährt mit angezogener Handbremse den Berg hoch. Die eingestreuten Andeutungen, die am Ende einen Cliffhanger bilden, sind zu klein, um das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Für Leser, die King nicht so gut kennen, dürften sie auch unpassend erscheinen. Obwohl King seine letzten Werke in ähnlicher Weise geschrieben hat (der Leser schaut in ein Leben eines sympathischen Protagonisten, erlebt dessen Höhen und Tiefen und wird dann vom Grauen völlig kalt erwischt), fehlt diesem Buch ein wenig was. Ich kann es schlecht greifen und auch nicht in Worte fassen, aber ich bin einfach nicht so begeistert, wie üblich. Trotzdem bin ich sehr gespannt auf den nächsten Band, der sich um Hodges und Brady dreht – denn der kommt ganz sicher, daran besteht nach diesem Buch kein Zweifel. Sehr schön finde ich die Verbindungen zu „Mr Mercedes“ (das sollte man also vorher besser gelesen haben), die sehr deutlich werden. Als King-Leser, der alle Bücher kennt, sind mir noch mehr Querverbindungen aufgefallen, die mir viel Spaß gemacht haben, aber nicht so wichtig für das Verständnis des Buches sind. So entsteht ein kleines Universum, in dem man sich schnell wohlfühlt und zu Hause fühlt. Nach und nach noch mehr Einwohner kennenzulernen und quasi mittendrin zu leben, das finde ich super. Wie sehr sich hier Bösewicht und junger Held ähneln, obwohl sie komplett unterschiedlich sind, ist sehr schön herausgearbeitet. Es erstaunt und erschreckt, aber es ist logisch aufgebaut. Auch schön: wie sehr eine Romanfigur einen Menschen beeinflussen kann. Hier ist es „Jimmy Gold“, der seinen Autor, Morrie und Pete auf drei völlig unterschiedliche Arten trifft und deren Leben beeinflusst. Doch insgesamt hatte das Buch sogar für mich, die ich Kings Bücher sehr liebe, einige Längen und Morrie war mir einfach zu absolut böse. Es fällt mir sehr schwer, aber um ehrlich zu bleiben, muss ich einen Stern abziehen. Somit bleiben für „Finderlohn“ sehr gute vier Sterne.