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sommerlese

Posted on 26.3.2020

Die 15jährige Evelyn, genannt Eve, lebt mit ihrer Mutter bei Berlin und kennt ihren leiblichen Vater nicht. Ihre Mutter verweigert seit Jahren die Auskunft über den türkischen Mann und dadurch wächst Eves Neugier und Sehnsucht erst recht. Als Eves Freund sich von ihr trennt und sie sich aus Unachtsamkeit beim Werken heftig verletzt, brechen bei ihr alle Schranken und sie stellt ihre Mutter erneut zur Rede. Die gibt schließlich nach und sie machen sich auf die Suche nach dem unbekannten Vater. Dazu fliegen sie ins riesige Istanbul, erleben den Zauber des Orients und noch so manche Überraschung. "*Nun hatten wir die Brücke zwischen ihnen und uns gefunden und konnten jederzeit von hier nach da wandern. Von einem Leben ins andere.*" Zitat Seite 283 Schon zu Beginn nahm mich das wunderschöne Cover gefangen, das mit orientalischen Ornamenten und dem türkischen Halbmond den inhaltlichen Bezug zur Türkei wiederspiegelt. Dieser Roman zeigt Gefühle sehr anschaulich, doch es ist kein reiner Liebesroman. Es ist auch eine gelungene Annäherung von verschiedenen Kulturen. Die Handlung zeigt, wie sich deutsche und türkische Kultur als Familie begegnen. Es geht hier nicht um Verherrlichung oder die Beschreibung von Klischees, viel mehr wird deutlich, dass auch in fremden Gesellschaften ohne Barrieren ein familiäres Miteinander stattfinden kann. In diesem Jugendroman wird damit ein deutliches Zeichen gesetzt, denn Fremdenhass beruht häufig auf Unwissenheit und eigener Unzufriedenheit. Deniz Selek hat hier ihre eigenen Erfahrungen mit eingebracht und das in einer sehr sensiblen Art in dem Roman eingebaut. Besonders gut beschrieben finde ich den Liebeskummer, der Eve richtig zusetzt. Sie ist enttäuscht und seelisch völlig aufgewühlt. Doch die Trennung von Matteo hat auch ein Gutes, Eve denkt über ihr Verhalten, ihr Klammerverhalten nach und merkt wie sie Matteo damit eingeengt hat. Solche Erfahrungen muss man im Leben machen, um zu reifen und sich zu entwickeln. Ihre große Sehnsucht nach dem unbekannten Vater lässt Eve auch ihrer Mutter gegenüber fordernder auftreten, sie hat auch damit eine Hürde zum Erwachsenwerden genommen. Deniz Selek gelingt es sehr eindrucksvoll, den Zauber von Istanbul im Buch einzufangen. Man erlebt als Leser all die vielen Sehenswürdigkeiten, die Rufe der Muezzins von den Minaretten, die Restaurants mit ihren Köstlichkeiten und den Basar mit seinen überquellenden Verkaufsständen und orientalischen Düften intensiv mit. Einige türkische Vokabeln bewirken noch mehr Istanbul-Feeling. Ein kleines beigefügtes Glossar sorgt für nähere Erklärung. Auch die Erwähnung der großen Feuersbrunst von 1918 finde ich sehr interessant und aufklärend. Dieses Jugendbuch hat eine Altersempfehlung ab 12 Jahren und die finde ich absolut realistisch. Aber auch mir hat dieses Buch sehr gefallen und ich habe mich an die erste Liebe und auch an das beeindruckende Istanbul erinnert. Dieses Buch kann eine gute Quelle sein, um kulturelle Barrieren zu überwinden und von der Liebe zu träumen.

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