stephanienicol
Mit zwei weinenden Augen habe ich den fünften und letzten Band der Lockwood-Reihe zu lesen begonnen. Mit zwei lachenden Augen habe ich ihn beendet. Ich hatte vermutet, dass mir der Abschied schwerer fallen würde, aber Jonathan Stroud hat ein rundum gutes, versöhnliches Ende gefunden. Die Geschichte unterscheidet sich in ihrem Aufbau nicht auffallend von ihren Vorgängern. Inhaltlich schließt sie nahtlos an den vierten Teil an. Einem Verdacht des sprechenden Schädels folgend, bricht die Agentur Lockwood & Co. nachts in die Gruft der verstorbenen Agenturchefin Marissa Fittes ein, mit der vor Jahren das Problem begonnen hat. Innerhalb weniger Seiten baut sich die unheilvolle Spannung auf, die ich an der Serie so liebe. Die Spukszenen waren für mich immer die Highlights jedes Bandes. Auch dieses Mal nimmt sich Stroud dafür genug Zeit. Bevor es auf die alles entscheidende Konfrontation hinausläuft, dürfen sich Fans über einen grandiosen neuen Einsatz in einem heimgesuchten Revue-Theater freuen. Es ist offensichtlich, dass Stroud sich der vielen Fragen seiner Fans bewusst war und sich um Antworten bemüht hat. Wird das Problem Geisterplage gelöst? Findet sich dafür eine Ursache? Werden Lockwood und Lucy ein Paar? Immerhin: Andeutungen gab es genug. Welches Ende hat sich Stroud für den sprechenden Schädel und die übrigen Figuren erdacht? Ich wage eine Prognose und schätze mit dem Finale werden die meisten gut leben können. Einige Enthüllungen haben sich über die Jahre angebahnt und waren für mich nicht mehr überraschend, aber Stroud hatte ein, zwei Asse im Ärmel, mit denen ich nicht unbedingt gerechnet hatte. Rückblickend hat die Serie nie mit einem komplexen, ausgetüftelten "Universum" geglänzt. Vieles blieb trotz klarer Spielregeln schwammig. Die Stärken lagen woanders: es waren die fantasievollen Einfälle, der Mix aus Krimi und Geisterjagden, die unheimliche Stimmung, die gemütlichen Zusammenkünfte in der kleinen Küche, die unterhaltsamen Sidekicks, der Humor und die sprachliche Eloquenz. Durchweg amüsant waren auch die Charaktere, die mit den Jahren an Tiefe gewonnen haben. Die Entwicklung war meiner Ansicht nach mit dem vierten Band abgeschlossen. Aus einem Haufen charismatischer Einzelgänger ist ein Team geworden. Im Finale arbeiten nun alle Hand in Hand. Jeder bekommt vor dem Showdown noch einmal seinen Platz, vor allem der zynische Schädel, der inzwischen fast zahm wirkt, fast. Überraschenderweise hat sich George - neben dem Schädel - zu einem meiner liebsten Charaktere gewandelt. Er hatte mich am meisten überrascht und ich fand seine Cleverness immer klasse. Gemocht habe ich sie aber alle! Fazit: Wenn man ehrlich ist, hätte die Handlung wohl auch in drei Bücher gepasst, aber wer hätte das gewollt? Ich jedenfalls nicht! "Lockwood & Co. - Das Grauenvolle Grab" ist ein Abschluss der viele Antworten liefert, aber nicht alle und den Abschied von der Reihe vielleicht gerade deshalb leichter macht. Denn die Hoffnung (auf eine Fortsetzung) stirbt bekanntlich zuletzt. Stroud glänzt noch einmal mit den ihm eigenen Stärken, liefert ein actionreiches Finale ab, unterhält mit unheimlichen Spukszenen und einem Team, das vielen ans Herz gewachsen ist und fehlen wird.