Sophie
Caden ist eigentlich ein ganz normaler 15-jähriger Junge. Aber es gibt diese Momente in seinem Leben, da ist er Teil einer Schiffbesatzung auf einem Schiff mit besonderem Ziel. Die tiefste Stelle des Meeres im Marianengraben wollen sie messen und Caden, der wenig Ahnung von Navigation hat, soll sie führen. Dann wieder ist Caden ein ganz normaler Schüler und glaubt, ein Mitschüler wolle ihn umbringen. Und immer wieder das Schiff, das Schiff, der einäugige Kapitän, sein einäugiger Papagei. Als sowohl der Kapitän als auch der Papagei von ihm verlangen, den jeweils anderen zu töten, überschlagen sich plötzlich die Ereignisse und Caden muss erkennen, was seine Mitmenschen von der ganzen Sache halten: Schizophrenie lautet die Diagnose. Auf Neal Shustermans Roman muss man sich sehr einlassen. Man wird in das Geschehen geworfen und weiß nicht recht, wo oben und unten sind. Die Zeit auf dem Schiff verläuft seitwärts wie eine Krabbe, die Mannschaft ist äußerst sonderbar und das Schiff scheint geradezu riesig. Und dann wieder ist Caden ein normaler Junge mit einer Schwester und Eltern, kein Schiff weit und breit. Am Anfang weiß man so gut wie nichts von ihm und wird in die surreal wirkende Welt des Schiffes eingeführt, die nicht so recht Sinn ergibt, aber doch sehr faszinierend wirkt. Erst nach und nach wird Einiges klar. Lässt man die anfängliche Verwirrung zu, wird „Kompass ohne Norden“ zu einer tollen und faszinierenden Lektüre. Neal Shusterman, in Deutschland bekannt durch seine Reihen „Scythe“ und „Vollendet“, bei denen es sich um Dystopien für Jugendliche handelt, beweist mit diesem Roman, dass er noch mehr kann. Er wagt sich an ein ernstes Thema und setzt dieses ungewöhnlich, aber sehr genial um. Der Roman ist einmalige Lektüre mit einer ganz besonderen Note und hallt noch leicht nach. Sehr lesenswert – nicht nur für Jugendliche ab 14 Jahren!