sinnesgleich
„Was bleibt von einem Menschen, wenn man ihm alles nimmt, seine Sprache, seine Umgebung, seine Gewohnheiten, sein Selbstverständnis, wer ist er dann, zurückgeworfen auf sich selbst? Das Licht ist hier viel heller, obwohl das Meer es gierig verschluckt. Bis zu meinen Zähnen ist mein Mund angefüllt mit Wut.“ Mareike Fallwickel konnte mich mit ihrer Geschichte „Das Licht ist hier viel heller“ von Anfang bis Ende an die Seiten fesselten. Ich las es wie im Rausch, und die Stunden danach fühlten sich an wie kalter Entzug. Ihr Schreibstil ist eine absolute Wucht. Die Geschichte wird aus der Sicht des Vaters, einem einstigen Bestsellerautor, und seiner Tochter, einer jungen Erwachsenen, erzählt. Die Familienverhältnisse sind kompliziert. Jeder der Charaktere hat sein eigenes Päckchen zu tragen, was entweder deutlich abgehandelt oder zwischen den Zeilen herauszulesen ist. Geschickt verflechtet die Autorin diese Alltagsprobleme mit großen Themen wie sexuellem Missbrauch, Generationenkonflikten, Privilegien, Liebe und offenen Wunden. Die Charaktere sind sehr authentisch und gut ausgearbeitet. Hier wird der grandiose Schreibstil Fallwickels besonders deutlich, denn die Stimmen der beiden Protagonisten sind derart gut auf deren Charakter zugeschnitten, dass man glatt meinen könnte sie wären von unterschiedlichen Personen geschrieben worden. Maximilian Wenger, der Vater, war mir sehr unsympathisch und bei seinen Gedanken und Aussagen hat es mir teils die Haare im Nacken aufgestellt. Zoey, die Tochter, machte es mir anfangs zwar auch nicht leicht, aber mit fortschreitender Handlung wurde sie mir immer sympathischer und ihre Beziehung zu ihrem Bruder Spin erwärmte mein Herz. Besonders gut gefallen haben mir auch die Briefe der, bis auf den Namen unbekannten, Marlene. Fallwickel hat diese „Schlüsselmomente“ toll in die Handlung eingeflochten und mit dem Schicksal beider Protagonisten verbunden. Mehr möchte ich auch eigentlich gar nicht zur Handlung sagen Umsicht zu viel vorweg zu nehmen. „Das Licht ist hier viel heller“ hat mir unglaublich gut gefallen. Ein toller Schreibstil, wichtige Themen und authentische Charaktere. Ich muss nun wohl unbedingt „Dunkelgrün fast schwarz“ lesen.