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Es ist jetzt schon eine Weile her, dass ich All The Bright Places gelesen habe und dennoch ist mir die Geschichte sehr gut im Kopf geblieben. Ein gutes Zeichen, wie ich finde. Zwar neige ich in meiner Wertung doch eher zu einer 3,5 als einer glatten 4, aber alles in allem mochte ich das Buch sehr gerne. Wie schon bei My Heart And Other Black Holes beschäftigt sich auch dieser Roman mit dem Thema Selbstmord. Da hätten wir zum einen Finch als Charakter, welcher an Depressionen leidet und über tausend Wege zu sterben nachdenkt, dem aber immer etwas dazwischen kommt, wenn er tatsächlich mal einen davon ausprobieren will. Und zum anderen Violet, die nach dem Tod ihrer Schwester nicht mehr sie selbst ist und keinen Sinn in ihrem Leben sieht. Kling erst mal alles sehr bedrückend und gar nicht unterhaltsam. Das ironische an dem Buch ist jedoch, dass es immer andere Menschen sind, die einem irgendwie am Leben erhalten, wo genau diese Menschen es doch meistens sind, die man verflucht und einen über die erste Grenze überhaupt gebracht haben. Genau so war das hier. Finch und Violet treffen durch einen Zufall aufeinander und plötzlich haben sie am Leben des anderen teil, obwohl sie aus verschiedenen Welten kommen. Die Liebesgeschichte in diesem Roman ist alles andere als süß oder kitschig oder humorvoll. Sie ist durchzogen von einer Art Poesie, die dem Leser zeigt, das alles vergänglich ist und Gefühle manchmal nicht mehr als das sind: Gefühle. Die beiden Protagonisten kommen sich nur langsam und gemächlich näher, weshalb umso mehr Platz für andere Dinge war. Zum Beispiel die Suche nach Antworten. Einer Menge Antworten. Einem Grund weiterzuleben. Aus den verschiedenen Blickwinkeln der beiden lernt man nach und nach ihre Lebenssituation, ihre Familie und Ansichten kennen und manchmal wusste ich nicht, was ich damit anfangen sollte. Finch war ein sehr gut ausgearbeitet Charakter, der mir enorm ans Herz gewachsen ist. Mit Violet habe ich etwas länger gebraucht, bis ich mit ihr warm geworden bin. Die Kombination aus zermürbenden Gedanken und Dunkelheit (Finch) und dem Teil, der Hoffnung schenkt (Violet) war eine recht explosive Mischung, was meine Gedankenwelt betroffen hat. Die Autorin wurde ja von vielen Fans dafür verurteilt, dass sie ein Thema wie Selbstmord auf diese Weise angegangen ist, aber ich fand das einfach nur realistisch. Es kann eben nicht jedem geholfen werden und selbst fiktive Werke dürfen einem nicht immer Happy Ends vorgaukeln. Meiner Meinung nach hätte das Buch allerdings ein wenig mehr Tempo gebrauchen können. Es ist schon recht lang und stellenweise mit unnötigen Füllersequenzen gestreckt. Dafür sind aber besonders die Road-Trip Abenteuer von Finch und Violet ganz wunderbar gewesen. Das Ende fand ich ganz zufriedenstellend, wenn auch traurig und etwas zu abgehackt. Wer sollte das Buch also lesen? Jemand, der auf der Suche nach einer tiefgründigen, ruhigen Geschichte ist. Eine ohne glückseligen Dauerzustand, mit Fragen und manchmal fehlenden Antworten. Jemand, der gerne Zitate und Poesie mag und gerne einmal mit den Figuren nachdenkt. Für mich hat All The Bright Places nicht unbedingt Bestseller Potenzial, aber ich mochte die Figuren sehr.