...
Im Roman gibt es insgesamt neun Planeten, welche den „Kreis der Galaxie“ ausmachen – was hinter diesem Kreis liegt ist ungewiss. Auf jedem Planeten gibt es drei Orakel, die mit ihren Visionen helfen, die Schicksale der Völker zu bestimmten. Es ist jedoch nicht so, dass jeder ein Schicksal hat, sondern nur einige ausgewählte. Die Geschichte gerät in Fahrt, als eben diese Schicksale, darunter auch die von Akos Familie, in die Galaxie hinausdringen. Normalerweise hält der Rat Schicksale streng unter Verschluss, doch durch diesen Vorfall ändert sich alles. Akos Familie wird zerschlagen, er und sein Bruder entführt und plötzlich finden sich beide in den Fängen der Shotet wieder. Und Akos Schicksal soll es sein in deren Dienst zu sterben … auf der anderen Seite haben wir Cyra und ihren Bruder Ryzek, welche von ihrem Vater seit Kindesbeinen eingeschärft bekommen haben, dass sie ihrem Volk wieder zum Aufstieg verhelfen sollen. Doch Ryzek, der ein Schicksal teil, dass ihn in Ungnade fallen lassen soll, setzt alles daran dieses zu ändern. Er glaubt, dass er dies mit Hilfe von Akos Bruder tun kann und ist auch für die Entführung verantwortlich. Die beiden Protagonisten treffen also nicht gleich, ihre Wege kreuzen sich dank des Schicksals – im wahrsten Sinne des Wortes. Der Einstieg in das Buch ist nicht der Leichteste. Man muss sich zunächst zurechtfinden, sich merken who-is-who, Beziehungen erkennen und alles etwas auf sich wirken lassen. Da vergehen schon mal gut und gerne an die 100 Seiten, ehe man den Durchblick hat. Die Handlung erschien mir zu dieser Zeit auch etwas willkürlich, aber, wenn man die Ruhe hat sich in diese Welt fallen zu lassen, dann kommt man sehr schnell sehr gut mit allem klar. Die Namen sind zwar außergewöhnlich, aber es gibt wesentliche Figuren, welche wichtig sind und die lernt man gut und flink kennen. Ich würde gerne behaupten, dass die Autorin ein sehr komplexes System erschaffen hat, aber eigentlich kann man dies ganz gut herunterbrechen: Viele Planeten, alte Fehden, besondere Gaben und ein Tyrann, dem es den Gar auszumachen gilt und nebenbei die Missionen einzelner Figuren, die „Rat der Neun“ zu einem spannenden Gebilde aus Sci-Fi und Fantasy, mit einer Portion Dramaturgie und einer Prise Romantik machen. Nichts an dieser Geschichte ist perfekt. Und gerade deshalb bin ich nach und nach einer Faszination für dieses Buch erlegen. Akos und Cyra waren beide gut ausgearbeitete Figuren, mit Schwächen, Stärken und Motiven, die man als Leser langsam sieht und auch durchschaut. Dabei waren beide Perspektiven, beide Charaktere interessant gemacht und eigenständig in ihrem Denken und Handeln. Ich hatte das Gefühl, es gibt eine Menge Dinge, die geschehen sind, auch, wenn das Buch in der Mitte sehr langsam und wenig aufwühlend ist. Viele Dialoge brechen mit den trockenen Erklärungen und Veronica Roth hat sich oftmals weniger Zeit genommen alles zu erklären, dafür aber, um zu zeigen – und das mochte ich! Das Buch ist mit seinen 600 Seiten richtig dick und es wäre gelogen zu sagen, dass man nicht an Stellen hängenbleibt, die nicht ganz so rund sind oder vielleicht sogar unnötig waren, aber dennoch verfällt man einfach diesem Antrieb wissen zu wollen, wie es weitergeht. Es ist so, als würde die Autorin einen selbst in die Geschichte werfen und man müsste als Leser erstmal herausfinden, wer bin ich und wo will ich hin. Dabei verwischen die Grenzen hier so oft, dass einem der Kopf schwirrt und man besonders im Endteil überrascht und geschockt wirkt. Die letzten 200-300 Seiten waren genial und ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Mit Akos und Cyra habe ich so viel durchgemacht, erlebt … und ab der Mitte hatte ich den Eindruck sie wirklich zu kennen, mit all ihren Ecken und Kanten. Die Entwicklung der beiden war toll eingefädelt, ihre Beziehung dezent und nachvollziehbar. Dadurch, dass die Perspektive wechselt bekommt man Einblick verschiedener Handlungsstränge und trifft so auf neue Figuren, die mit im Plot der Story verwoben sind. Außerdem lernt man das ganze Buch über immer mehr über Akos und Cyra. Auch die Motive der Gegenspieler wurden in diesem Fall durchleuchtet, hinterfragt und waren nicht nur so dahin geklatscht. Es gab viele Szenen, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen und die Geschichte mit kleinen und großen Höhepunkten immer wieder fesselnd machen. Ich habe den Eindruck, dass wir erst am Anfang stehen und etwas Episches auf uns zukommt! Ja, ich hatte ein paar Probleme mit dem Buch. Das mangelnde Worldbuilding, die offenen Fragen, die komische Sprünge in der Erzählung, aber die Figuren haben mich überzeugt, die Handlung war wie eine energische Welle, die einen davonträgt und man ERLEBT beim Lesen richtig eine Wandlung der eigenen Gefühle. Hass, Liebe, Angst, Verzweiflung – Veronica Roth weiß es Reaktionen hervorzulocken und der Abschluss des Bandes stellt sehr zufrieden. Eine der besten Stellen, wie ich finde, lag am Ende, als Akos erkennt, dass der Grad zwischen Rache und Gerechtigkeit sehr dünn ist und man manchmal nicht unterscheiden kann auf welchem der zwei Wege man gerade unterwegs ist. Mich haben viele der Inhalte zum Nachdenken angeregt und nach dem Zuschlagen der Buchdeckel werde ich noch eine Weile über das Gelesen grübeln. Ehre hat eben keinen Platz im Kampf ums Überleben. Fazit Rat der Neun ist definitiv eine andere Art von Auftakt, als ihr euch vorgestellt habt. Weniger Sci-Fi, mehr Fantasy hat Veronica Roth eine Story geschaffen, die wohl die Leserschaft spalten wird. Das Buch hat meiner Meinung nach jedoch viele Elemente, die eine solide, packende Handlung ausmachen – starke Figuren, gute Moral, Spannung und hin und wieder ein kleines Ass im Ärmel. Wer sich also an ein paar Längen in der Mitte nicht stört und sich nicht davor scheut beim Lesen sein Hirn einzusetzen, um sich Planeten und Namen zu merken, der wird hier ein Abenteuer geliefert bekommen, das zum Nachdenken anregt und die Grenze zwischen Gute und Böse mehr als einmal verwischt.