Nikola
Jill Myles, besser bekannt als Erotikautorin Jessica Clare, hat mit diesem Buch einen High Fantasy-Roman veröffentlicht, der sich um die junge Vidari Seri dreht. Die Schwester erblindet, der Vater sehr krank muss sie sich als Teil des unterdrückten Volkes der Athoniten als einfache Gänsemagd ums Überleben ihre Familie kümmern. Eigentlich scheint es bald bergauf zu gehen, möchte sie doch die Handfest mit dem Vidari Rilen vollziehen, der ihr dann tatkräftig zur Seite steht. Doch es kommt anders als gedacht. Der Athonitenprinz Graeme beschließt, sich auf dem heruntergekommenen Schloss in Vidara niederzulassen und widerwillig beschließt Seri sich auf den Weg zum Schloss zu machen, um auf dem dortigen Markt Nahrungsmittel und Medizin für den Vater zu kaufen. Dabei wird eine Athoniten auf sie aufmerksam, die unbedingt die Gunst des Prinzen gewinnen möchte und mit Seri jemanden hätte, der garantiert alle Augen auf sich zieht. Seri willigt notgedrungen ein, nicht ahnend, dass sich damit alles für sie verändern wird, denn manche Mythen können sogar der Wahrheit entsprechen… Allein das Cover macht einen auf dieses Buch aufmerksam. Es wirkt sehr edel und gleichzeitig wird die Bedeutung des Blutes, durch das blutrote Kleid und die Blumen verdeutlicht. Das Mädchen soll vermutlich Seri darstellen, vor der sich ein Schloss (vermutlich das Vidaras) im Wasser spiegelt. Nun aber zum Buchinneren, das nicht weniger gut ist. Mit Seri begegnet uns eine taffe Protagonistin vergleichbar mit Mare Barrow, die auch ungewollt ein Teil eines Hofes wird. Seri denkt oft an andere und stellt deren Bedürfnisse auch oft über ihre eigenen. Aufgrund der grausamen Regierung der Athoniten, hat sie ihre Vorbehalte so wie diese auch ihr gegenüber. Doch bald merkt sie, dass sie auch nur Menschen sind und sich nicht unbedingt stark unterscheiden. Trotz einiger Veränderungen bleibt sie sich trotzdem treu und muss bald lernen, mit einigen Herausforderungen umgehen zu müssen. So sorgt ihr veränderter Status zum Beispiel dafür, dass aus einem Freund fast so etwas wie ein Feind wird und es sich gegen die bekannte Rebellion zu behaupten gilt. Seri wurde ausgesprochen gut gestaltet und lässt den Leser schnell Empathie ihr gegenüber empfinden. Auch der männliche Part, Graeme, gefällt mir außerordentlich gut. Er hat sich für mich sogar zum besten Charakter des Buches entwickelt. Wirkt er kalt und distanziert, erfährt man doch bald, dass es nur eine Fassade zu wahren gilt und er durchaus taktvoll und feinfühlig ist. Genau wie Seri sorgt er sich sehr, um die Menschen, die ihm etwas bedeuten und stellt für diese seine eigenen Bedürfnisse auch gerne hinten an. Der Schreibstil der Autorin weiß auch zu überzeugen. Es ist alles sehr bildhaft beschrieben und doch kann die Emotionen der Charaktere nachempfinden, regelrecht mit ihnen mitfiebern. Dadurch, dass dieses Buch im Mittelalter angesiedelt ist, ist auch die Sprache leicht, aber doch verständlich daran angepasst. Vielleicht liegt dies aber auch nur an der Übersetzung, doch ich möchte jetzt einfach einmal vom besten ausgehen, schließlich ließ mich das gleich noch etwas mehr erfreut zurück. :) Die Handlung gefällt mir ebenfalls sehr. Meist macht man sich seine Gedanken, die grundlegend auch teilweise erfüllt werden, doch die Details sind manchmal unerwartet und lassen einen schockiert zurück, offenbaren Charakterzüge von Charakteren, die man bisher missachtet hat. Demnach blieb es die ganze Zeit spannend und auch die Romantik kam definitiv nicht zu kurz. Hier war auch nicht das Problem, dass die beiden sich nicht haben konnten, sondern eigentlich gar nicht wollten, doch eine emotionale Verbindung lässt sie Dinge empfinden, auch wenn sie sich nicht kennen und eigentlich verfeindet sein müssten. Diese Entwicklung mag ich und kann stellenweise auch interessant werden. ;) Zum Ende hin gibt es hier aber auch den einzigen Kritikpunkt, den ich an diesem Buch hervorbringen möchte. Die Autorin beschreibt sehr viel und geht auch gerne einmal ins Detail, was bei diesem komplexen Buch durchaus vielversprechend ist, doch die Gründe für die festliche Tradition der Athoniten und was dabei so gemacht wird, bleibt gänzlich unbeleuchtet, auch das Ende wirkt fast etwas überstürzt, baute sich doch vorher alles gemächlich darauf auf. Das fand ich sehr schade, denn dieses Buch hat mir wirklich schöne Lesestunden beschert. Ich würde mich sehr über eine Fortsetzung freuen, um unbeantwortete Fragen klären und erneut in diese Welt zurückkehren zu können. Allumfassend beende ich dieses Buch etwas bedrückt, heißt es doch nun erst einmal Abschied zu nehmen. Auf ein baldiges Wiedersehen mit 4,5 / 5 Sternen für diesen ersten (?!) Band. :)