Nikola
Alles aus im Hinterhaus… Caro steht vor dem Nichts. Zurück vom Yoga steht sie in einer Wohnung, in der nur noch sieben Kisten mit ihrem hab und Gut vorzufinden sind, den Rest hat Jens mitgenommen, alles bereits von langer Hand geplant, ohne Caro jemals davon in Kenntnis zu setzen. Bald wird sich die Wohnungsnot schon als ihr geringstes Problem entpuppen, denn auch ihr Job ist bald weg und nebenbei taucht in Mandys Wohnung, in der sie übergangsweise lebt, eine seit mehreren Jahrzehnten vermisste Leiche auf... Oftmals entwickelt man als Leser eine Sympathie zu den Haupt- und auch Nebenfiguren, doch hier ist dies nicht der Fall, denn jede Figur, egal, ob man sie nun mag oder nicht, hat gewisse Eigenheiten. Lioba Werrelmann hat in ihrem ersten Kriminalroman im wahrsten Sinne des Wortes "kranke", bizarre Charaktere geschaffen, die durch manche Gedanken und Verhaltensweisen sympathisch werden, jedoch trotzdem stets eine gewisse Distanz gewahrt wird, was ja auch sehr zu einem solchen Roman passt. Man versteht die agierenden Charaktere in manchen Punkten, aber eben nicht in allen. Die Handlung ist gut ausgestaltet, manchmal kam zwar die Frage auf, warum gerade dieser Handlungsstrang mit eingewoben wurde, entstanden teilweise auch leichte Logiklücken, doch an sich war der Leser zum Mitdenken animiert wurden. es stand immer wieder in der Schwebe, wer denn nun der Mörder sein könnte und mit welchem Zweck er dies geworden ist. Ansonsten liegt aber eine Handlung vor, die vor allem beim Vergleich des Beginns und des Endes schöne Bögen spannt, die dem Leser eine runde Geschichte bieten. Zudem gibt es nicht nur einen, sondern gleich mehrere Erzähler, die sogar unterschiedliche Erzählformen aufweisen, was einen guten Überblick bietet und jeder Figur zugeschnitten zu sein scheint, die selbst zu Wort kommt, beziehungsweise bei dieser Form in den Vordergrund rückt. Der Schreibstil besticht häufig durch kurze Sätze, was vielleicht abgehackt wird, aber gerade deshalb manchmal diese bedrückende Atmosphäre bietet, in der man sich als Leser nicht unbedingt wohl fühlen kann. So braucht es gerade diese Form, um die Geschichte und Charaktere als Leser absonderlich wahrzunehmen. Neben diesen kurzen Sätzen liegt auch eine sehr derbe Wortwahl vor, weshalb der Roman auch nichts für zarte Gemüter ist, er kann schon ziemlich triggern, wenn man damit nicht gut klarkommt. Alles in allem war es für mich ein guter Einstand der Autorin in die Krimisparte, der fast schon als Thriller durchgehen könnte und trotz kleinerer Schwächen eine sehr solide, irgendwie auch erschreckend faszinierende Geschichte bot, sodass ich am Ende bei 4/5 Sternen lande.