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nobody knows

Posted on 15.3.2020

Für immer Alaska ist ein toller, überaus empfehlenswerter Roman, der vor allem durch seine vielseitigen Charaktere überzeugen kann, die im Verlauf der Geschichte eine große, jedoch nachvollziehbare Entwicklung durchleben und an den Herausforderungen wachsen, denen sie sich stellen müssen. Die Handlung wird abwechselnd aus den Perspektiven der gegensätzlichen Protagonisten Sven und Parker geschildert, wodurch man sich als Leser sehr gut in die zwei Siebtklässler hineinversetzen kann. Die beiden haben mit besonderen Problemen zu kämpfen, zusätzlich zu den Unsicherheiten, die mit einer neuen Klasse und neuen Mitschülern generell verbunden sind, und machen daher im Augenblick eine schwere Phase durch. Obwohl sie dafür eigentlich noch viel zu jung sind, erwecken sie einen sehr verbitterten Eindruck und wirken dadurch zunächst nicht sonderlich liebenswert. Das ändert sich aber später als sie mehr Zeit miteinander verbringen und zusammen sind sie dann gleich viel sympathischer. Parker hat eine traumatische Situation aus ihrer jüngsten Vergangenheit zu verarbeiten: Sie musste zusehen wie das Geschäft ihrer Eltern überfallen und ihr Vater dabei sogar von einem der Täter angeschossen wurde, die noch immer auf freiem Fuß sind. Hinzu kommt, dass sie ihren Hund Alaska schmerzlich vermisst, den die Familie wegen einer Allergie eines Sohnes abgeben musste. Trotzdem ist Parker nicht sauer auf ihre Geschwister und kümmert sich sehr liebevoll um ihre drei kleinen Brüder. Seit dem Überfall sieht und befürchtet Parker allerdings ständig das Schlimmste und hat große Angst vor einem weiteren schrecklichen Ereignis, das in ihren Augen unausweichlich an der nächsten Ecke lauert. Später gelingt es ihr jedoch diese Furcht zu überwinden und zu erkennen, dass es auch viele schöne Dinge auf der Welt gibt, die man nicht vergessen sollte. Sven ist seit circa einem Jahr Epileptiker und die Krankheit hat sein Leben seither komplett auf den Kopf gestellt. Die Diagnose bringt viele Einschränkungen mit sich, beispielsweise darf er nicht mehr schwimmen oder Fahrrad fahren, die insbesondere für einen so jungen Menschen nur schwer zu akzeptieren sind. Er fühlt sich häufig wie ein Freak oder ein Außerirdischer, vor allem nachdem andere Menschen zum ersten Mal einen seiner epileptischen Anfälle beobachtet haben. Er versinkt zunehmend in Selbstmitleid, was durchaus nachvollziehbar ist, und sieht an seinem Tiefpunkt keinen Sinn mehr darin überhaupt aufzustehen, wenn er doch genauso gut im Bett auf den nächsten Anfall warten kann. Diese Einstellung ändert sich aber als ihm klar wird, dass es sich dafür nicht mehr lohnt zu leben. Am Anfang können Parker und Sven sich nicht ausstehen, mit der Zeit raufen sie sich jedoch langsam zusammen und helfen sich gegenseitig einen anderen Blickwinkel auf das Leben zu bekommen. In einer dringenden und ziemlich spannenden Notlage stehen sie einander schließlich sogar bei, obschon sie zu diesem Zeitpunkt eigentlich nicht miteinander sprechen. Das ist vielleicht der eigentliche Beginn ihrer Freundschaft. Danach setzt Parker mit Hilfe ihrer Klassenkameraden eine wunderbare Idee in die Tat um, die dafür sorgen soll, dass Sven sich in der Schule weniger wie ein Alien fühlt. Dass sie sich überhaupt besser kennen lernen, verdanken sie übrigens der schon im Titel erwähnten Hündin Alaska. Bei dem Versuch sie zu entführen, wird Parker unerkannt von Sven ertappt und in ein Gespräch verwickelt, das zu weiteren nächtlichen Treffen führt. Alaska gehörte ursprünglich Parker und wurde erst nach der ungewollten Abgabe Svens Assistenzhund. Zunächst weiß er den Golden Retriever nicht zu schätzen und reagiert oft abweisend, weil sie ihn permanent an seine Krankheit erinnert, doch nach und nach entwickeln sie eine tiefe Bindung zueinander, die Svens Leben letztlich auf eine Weise verbessert wie es nur Hunde können. Das Ende ist der Autorin im Prinzip gut gelungen, es komm nur leider etwas zu plötzlich und überrumpelt den Leser geradezu. Sie hätte die Geschichte also ruhig noch etwas ausklingen lassen können, das ist im Grunde aber der einzige kleine Kritikpunkt. Zum Ausgleich kann Anna Woltz außerdem mit ihrem angenehmen und flüssigen Schreibstil punkten. Sie beschreibt nicht nur sehr anschaulich, wie Sven sich nach einem Anfall fühlt, sie verleiht seiner Perspektive auch viel Authentizität, indem seine Kapitel bzw. Gedanken mitten im Satz abbrechen, wenn er genau in diesem Moment unerwartet einen Anfall hat. *FAZIT* Für immer Alaska ist eine fesselnde, schnell gelesene Geschichte mit interessanten Themen über die einzigartige Freundschaft sehr unterschiedlicher Figuren, die einander dabei helfen auf die Sonnenseite des Lebens zurückzufinden.

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