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thesaint

Posted on 12.3.2020

In einer Winternacht des Jahres 1812 werden zwei Kinder in einem Königsberger Bordell geboren: Ein wunderschönes gesundes Mädchen, welches auf den Namen Henriette getauft wird und eine schauerliche Mißgeburt, der man keinen Tag Überleben zutraut und der man Namen und Taufe verweigert... Doch dieser bös mißgestaltete Junge weigert sich zu sterben und legt einen unglaublichen Überlebenswillen an den Tag. Er wird kräftiger und kräftiger und man entschließt sich schlußendlich, ihm deswegen den Namen Hercule zu geben. Da seine Arme und Hände kaum ausgebildet sind, bewerkstelligt Hercule alles mit seinen kleinen Beinen - so kommt er zu seinem Familiennamen: Barfuss. Und diese kaum ein Meter große verkrüppelte, taubstumme und deformierte Gestalt wird der große Held einer von Carl -Johan Vallgren in wunderschöne und berauschende Worte gepackten Geschichte über eine Liebe, die sich in Kindertagen entwickelte, sich über visuelle Attribute, Trennung durch Zeit und Raum bis über das physische Leben hinaus hinweg fortsetzt. Vallgren vermag eine spannende und bewegende Geschichte über einen Mißgestalteten zu erzählen, welche am Stärksten in den Beschreibungen der Gefühle, der Lokationen und der gesellschaftlichen und technischen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts ist und am Schwächsten, wenn es um den Kern der Erzählung geht: Dieser unendlich, ungeheuerlich tiefen und alles verzehrenden Liebe zwischen Henriette und Hercule. Hier bleibt der Autor unglaubwürdig, matt und vermag nicht wirklich der Beziehung der Beiden Leben einzuhauchen. Auch nimmt das effektive Zusammensein der Protagonisten in dem Buch nur eine geringe Zeit ein - alles liest sich gehuscht und die Geburt von Hercule's erster Tochter erscheint unglaubwürdig. Der Roman lässt sich in vier schöne Abschnitte teilen: Hercule's Reisen durch Europa auf der Suche nach seiner Liebe Henriette - Ihr Finden und ihre kurze glückliche Zeit miteinander, ehe dieses Glück durch die Kirche ein grausames Ende findet - Hercule's brutalste Racheaktionen an den Kirchenmitgliedern, die ihm und seiner geliebten Henriette Furchtbares antaten und seine Läuterung und das spätere Leben auf Martha's Vineyard. Eine wunderbare Übersetzung aus dem Schwedischen: Die Beschreibungen sind detailreich, opulent und man schwelgt in Wörtern jener Zeit. Die Orte, Riten und Personen sind intensiv dargestellt und die geschilderten Emotionen glaubwürdig. Trotz der kleinen Schwachstellen verbleiben all die Sterne wegen eines gekonnt variierenden Schreibstils und dieser schönen Mär von der großen Liebe... Sehr zu empfehlen!

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