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Babscha

Posted on 11.3.2020

Ans Ende des vergangenen Jahrhunderts platziert John Brunner die Handlung seines bereits 1972 geschriebenen Genre-Klassikers. Und der hat es in sich. In einem Jahrzehnt zunehmender Aufmerksamkeit für Umweltbelange und Schutz von Ressourcen geschrieben, entwirft der Autor ein erschreckendes, niederschmetterndes und bereits damals gar nicht so weit an der Realität vorbei gedachtes Szenario einer (amerikanischen) Welt, die von wenigen macht- und profitgeilen Konzernen in enger Verbundenheit mit korrupten Politikern und der Staatsgewalt als treuer Gefolgschaft beherrscht wird und in der die Natur weitgehend plattgemacht ist. Flüsse und Meere sind verdreckt, das Trinkwasser ungenießbar, Atmen im Freien ohne Schutzmaske quasi ausgeschlossen , die Menschen, vor allem Kinder, permanent krank, depressiv und perspektivlos. Nahrungsmittel werden weitgehend bereits synthetisch hergestellt und trotz ihrer Minderwertigkeit für gutes Geld an hungernde Dritte-Welt-Staaten verschachert. Widerstandsgruppen existieren nur im Untergrund und sind weitgehend chancenlos gegen brutale Milizen, die jedes Aufbegehren im Keim ersticken. Brunner schreibt sein Buch nicht als fest umrissene story mit definierten Protagonisten, sondern dokumentiert atemlos die sich zunehmend überschlagenden Ereignisse im Sinne eines Chronisten, dessen Personen gleichwertig dem eigentlichen Thema des Buches untergeordnet werden. Sarkastisch, brutal und erbarmungslos in der Beschreibung sind seine Kapitel und treffen genau deshalb mitten ins Empfindungszentrum des Lesers. Eine gelungene, engagierte Reportage über eine Welt, wie sie schlimmstenfalls aussehen könnte, wenn die Menschheit ihre Sinne wirklich nicht mehr zusammenhält, und in ihrer visionären Darstellung auch nach bald fünfzig Jahren kein bisschen überholt.

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