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Babscha

Posted on 11.3.2020

Der preisgekrönte Schriftsteller Will Navidson zieht mit Frau und zwei Kindern in ein Haus irgendwo in Virginia in der Hoffnung, dass die Familie hier zur Ruhe und er endlich mit sich selbst und seiner massiv gestörten Ehe ins Reine kommt. Das genaue Gegenteil tritt ein, als er zufällig entdeckt, dass das Haus im Innern über Räume verfügt, die nirgendwo verzeichnet sind und nach physikalischen Gesetzen eigentlich gar nicht existieren dürften. Ein Alptraum beginnt… Diese Rahmenhandlung, der sog. „Navidson-Record“, ist lediglich der rote Faden in einem Buch, dass auf diversen sehr komplex verschachtelten Handlungs- und Zeitebenen (die inhaltlich unmöglich in knapper Form wiederzugeben sind) die Geschehnisse in teils epischer Breite und mit hunderten von Querverweisen und Fußnoten auf mehr oder minder relevante sonstige Fundstellen und Dokumentationen ausrollt und beleuchtet. Das Gesamtwerk ist eine in dieser Form bisher noch nicht gelesene und vom Autor aus meiner Sicht insgesamt genial umgesetzte Mixtur aus a) der extrem spannend erzählten Horrorstory um das Haus als Basis (mit aus dramaturgischen Gründen oftmals bewusst chaotischem Textlayout), b) vielen tiefgehenden psychologischen, philosophischen und religiösen Ausdeutungen u. Interpretationen der ablaufenden Handlung und der div. Beteiligten und c) als Überbau der hochproblematischen und sich parallel zu der „Hausstory“ entwickelnden Lebensgeschichte des quasi aus dem off meist unmittelbar mit dem Leser kommunizierenden weiteren Hauptprotagonisten Johnny Truant (als eigentlichem Erzähler). „Das Haus“ ist aus meiner Sicht ein sehr polarisierendes Buch, das man entweder nach den ersten Kapiteln entnervt als unlesbar zur Seite legt oder in das man sich (wie ich) einfach „hineinfallen“ bzw.„hineinziehen“ lässt. Gerade das letzte und m. E. stärkste Drittel des Buches belohnt den Leser dann allerdings für sein Durchhaltevermögen. Wichtiger Hinweis für Lesewillige: keinesfalls Seiten „locker“ überblättern, da an diversen Stellen für die Handlungsabfolge und deren Verständnis zwar kurze, aber relevante Informationen enthalten sind. Aus meiner Sicht ein Ausnahmebuch, wenn auch ein anstrengendes.

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