Babscha
Ist der kleine Mann von der Straße eigentlich völlig hilflos, wenn ein multinationaler Konzern erst mit massiver staatlicher Unterstützung und vielen leeren Versprechungen eine Niederlassung eröffnet und Arbeitsplätze schafft, irgendwann aber seine Zelte wieder abbricht, das Werk schließt, in Heuschreckenmanier weiterzieht und verbrannte Erde zurück lässt? Nein, beschließt Aidan Walsh, 54, Witwer mit zwei erwachsenen Kindern in seinem walisischen Heimatkaff namens Crindau West, als ihm genau das widerfährt und er und seine Kumpels, allesamt Lagerarbeiter bei Sunny Jim Electronics, kurz vor dem Verlust ihrer Arbeitsplätze stehen. Eine verrückte, aber sehr wirkungsvolle Idee nistet sich in seinem Kopf ein, nämlich sich so lange in seinem eigenen Garten in einem Sarg zwei Meter tief eingraben zu lassen, bis Sunny Jim verspricht, das Werk nicht zu schließen und die Arbeitsplätze zu erhalten. Nach vielen Anfangsschwierigkeiten und Zweifeln an seinem Restverstand schafft er es tatsächlich, Familie und Freunde letztlich zu überzeugen, dass das vielleicht funktionieren könnte und legt los, nicht im Mindesten ahnend, was für eine Lawine er damit in Gang setzt… Der Autor, selbst Waliser und damit bestens vertraut mit Land und Leuten, erzählt in seinem Buch die total lebendige, mal urkomische, mal zu Herzen gehende Geschichte eines verzweifelten und innerlich erstarrten Mannes, der ungeachtet aller sich um ihn und seinen auf zwei Meter beschränkten Bewegungsradius herum wahnwitzig entwickelnden Geschehnisse mit großem Mut und der ganzen unbeholfenen, aber anrührenden Menschlichkeit eines typischen Mitglieds der englischen Arbeiterklasse über sich selbst hinauswächst und damit völlig neue Lebensperspektiven gewinnt. Absolut unterhaltsam und zum Brüllen komisch die Szenen, wie Aidan seinen Alltag unter der Erde so organisiert genau wie die Beschreibungen des zwischenmenschlichen Miteinanders seiner nach außen typisch machohaft agierenden, aber im Innern mit weichem Kern ausgestatteten „besten Kumpels“. Ein typisch britischer, durchgängig interessant erzählter Unterhaltungsroman mit vielen schönen Wendungen bis zum Schluss, zugleich streckenweise auch ernster Familienroman mit äußerst gesellschaftskritischen Anklängen. Leseempfehlung.