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Babscha

Posted on 8.3.2020

Eine Detektivgeschichte, getragen von zwei ganz speziellen Hauptcharakteren. Da ist zum einen Tabor Süden, 51, ledig, ehemaliger Kriminalkommissar im Vermisstendezernat, auf eigenen Wunsch aus dem Polizeidienst ausgeschieden, für ein Paar Jahre nach Köln abgetaucht, durch den Anruf seines seit Jahrzehnten verschollenen Vaters jetzt nach München zurückgetrieben, verdingt sich dort bei einer auf vermisste Personen spezialisierten Detektei. Und sein erster Auftrag ist es, den anderen Hauptprotagonisten des Buches aufzuspüren, Raimund Zacherl, Gastwirt aus Sendling, früher ein leutseliger, geselliger Typ, sich in den letzten Jahren jedoch immer mehr abkapselnd und vor zwei Jahren von heute auf morgen aus unerklärlichen Gründen verschwunden. Seine Frau will endgültig wissen, was los ist. Lebt er noch, wenn ja, wo? Womöglich unter neuer Identität? Und was macht er? Die eigentliche Detektivstory ist eher unspektakulär, nimmt sehr gemächlich Fahrt auf und ist im Großen und Ganzen einigermaßen vorhersehbar. Was das Buch ausmacht, ist der besondere, anfangs etwas eigentümliche, nach kurzer Zeit aber gut lesbare Schreibstil und vor allem die glaubhafte, dem Leser sukzessiv ausgebreitete tragische Persönlichkeit und Vergangenheit seines Detektivs, die ihn –obwohl ansonsten der absolute Durchschnittstyp- wie keinen anderen für seine schwierige Aufgabe prädestiniert. Auch wenn der Autor in seiner durchgängig düsteren Beschreibung einer gleichgültigen, verrohten, kommunikationsgestörten urbanen Welt mit Menschen ohne Triebkontrolle, die –allen voran mal wieder sein Hauptprotagonist- ohne permanente Alkoholzufuhr offensichtlich nicht mehr überlebensfähig sind, zeitweise etwas übers Ziel hinausschießt, bleibt die tragende Gesamtstory als solche aber immer stimmig und interessant. Stärkster Aspekt des Buches ist, wie es Süden trotz aller eigener Schwächen und Dämonen schafft, sich, sobald es um seinen Job geht, mit messerscharfer Beobachtungs- und Kombinationsgabe und unbeirrt im Stil eines Columbo auf sein Ziel zuzubewegen. Und auch wenn dieser Mensch beim Leser trotz allem kaum Empathie, geschweige Sympathie auszulösen vermag, so bleibt dennoch eine Menge Respekt vor der gelungenen Ausformung eines komplizierten, aber geradlinigen Charakters. Wer Interesse an eigenwilligen, sich in den Tiefen menschlicher Abgründe verlierenden Detektivgeschichten hat, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen.

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