marcello
Band 1 der „Chronik der Verbliebenen“ „Der Kuss der Lüge“ war ein unerwartetes Highlight für mich, da diese langsam beginnende Geschichte am Ende eine Urgewalt entfaltet hat, an die ich heute noch mit Gänsehaut zurückdenke. Daher kann ich auch gar nicht verstehen, warum „Das Herz des Verräters“ so lange auf meinem SUB ausharren musste, denn bei so einem genialen Auftakt, kann der zweite Band doch gar nicht so abflauen, oder? Beginnen möchte ich mit einem Thema, das mich in Reihen, wo die einzelnen Bände aufeinander aufbauen, sehr oft beschäftigt. In solchen Fällen bin ich gerne ein Fan davon, dass auf geschickte erzählerische Art und Weise noch einmal das zentrale Geschehen des Vorgängers aufgegriffen wird. Nun habe ich es selbst verschuldet, dass so ein langer Zeitraum zwischen „Der Kuss der Lüge“ und „Das Herz des Verräters“ lag, denn ich habe mich unheimlich schwergetan wieder in das Geschehen zu finden. Denn es wird wirklich nichts, aber so gar nichts noch einmal eingesponnen. Natürlich kann man sich nach und nach wieder einiges zusammenspinnen, weil die Handlung ja nahtlos fortsetzt, aber schwierig ist es dennoch. Aber das soll jetzt kein Aspekt sein, der negativ in die Wertung einfließt, aber ich bin doch immer wieder überrascht, wenn in diese Hinsicht so gar nichts unternommen wird. Der grundsätzliche Stil der Geschichte wird beibehalten. Hauptsächlich berichtet Lia, Kaden und Rafe erhalten immer mal wieder kurze Kapitel zwischendurch. Dabei ist mir mehrfach aufgefallen, dass ich nicht immer ganz so zufrieden bin, wann mal Rafe, wann mal Kaden das Wort erhält. Klar, manchmal nutzt die Autorin das zum zusätzlichen Spannungsaufbau, manchmal wird dieser aber auch total schmerzhaft ausgebremst. An Lias Perspektive erfreue ich mich nach wie vor am meisten, denn sie ist so eine starke und bewundernswerte Persönlichkeit, dass ich unheimlich gerne neue Geschichten mit ihr erlebe. Man muss auch wirklich sagen, dass Lia ständig für eine neue Überraschung gut ist, das macht das Leseerlebnis mit ihr so mitreißend! Von der Handlung her muss ich sagen, dass ich das Buch etwas schwächer als den Vorgänger einschätzen würde. Ich habe verstanden, dass viel Zeit eingeräumt wurde, um Venda aufzubauen, zu erklären und einen Zwiespalt im Leser hervorzurufen, weil dieses feindliche Land gar nicht so feindlich ist. Es gab immer wieder gelungene Überraschungen, spannende und einnehmende Szenen, das ist nicht zu leugnen. Aber im Groben habe ich doch das Gefühl, dass mir viel von Venda entgangen ist, weswegen ich nicht so an das Geschehen gebunden war, wie im ersten Teil. Absolute Weltklasse war dann aber wieder das Ende. Ich konnte das Buch gar nicht mehr beiseite legen, haben an allen Handlungen wie eine Verhungernde gehangen, da man wirklich zu keinem Zeitpunkt vermuten konnte, wie dieser Band enden wird. Daher kann ich nur sagen, dass Ende wunderbar gelungen ist und wieder einmal unterstrichen hat, dass Lia eine weibliche Figur für die Ewigkeit ist. Zum Anbeten! Zudem ist dies die erste Reihe, wo eine Dreiecksgeschichte geboten wird, wo man sich so recht nicht entscheiden kann. Ich bin eigentlich immer schnell felsenfest auf einer Seite, aber hier wäge ich ständig Vor- und Nachteile ab, auch das eine tolle Leistung der Autorin! Fazit: „Das Herz des Verräters“ ist wieder der Auftakt zu der „Chronik der Verbliebenen“ ein echtes Lesevergnügen. Vor allem das Ende ist es wieder mal doppelt und dreifach wert. Dennoch würde ich den zweiten Band etwas schlechter einschätzen. Zum einen hat mir die Perspektivenwahl nicht immer gefallen und zum anderen hatte das Geschehen doch seine Längen und Hänger. Aber das ist wirklich Klagen auf hohem Niveau, da ich jeden Moment genießen konnte!