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Babscha

Posted on 8.3.2020

Was für ein Szenario. Ein herrlicher Wintertag, aber: Terroristen haben die Bayerische Zugspitzbahn direkt im Berg mittels Sprengung festgesetzt, führen den Absturz einer Gondel auf österreichischer Bergseite herbei und vergelten drakonisch jeden Versuch, zu den Tausenden im Berg und auf dem Zugspitzgipfel gestrandeten Geiseln vorzudringen. Die Hintergründe und Ziele der Attentäter bleiben zunächst unklar, nur der unbemerkt auf und am Berg agierende CIA scheint mehr zu wissen. Bis die Dinge dann nach und nach eskalieren und die bundesweit vor den Augen der Weltöffentlichkeit rotierenden Staatsorgane in ärgste Bedrängnis bringen. Ritter legt einen dichten, flüssig geschriebenen, von vorne bis hinten spannenden und ideenreichen Thriller vor und schafft mit ihm einen Spagat, nämlich die überzeugende und nie ins Lächerliche abgleitende Symbiose zwischen einem echten Reißer mit einer sich rasant bis zum überraschenden Finale hin entwickelnden Handlung und einer gelungenen Persiflage auf die sehr realitätsnah geschilderten, von Wichtigtuerei, Selbstüberschätzung, Neid und Geltungssucht geprägten bundesrepublikanischen Welten von Politik, Bundeswehr und Telekommunikationsmedien, deren Vertreter hier so richtig ihr Fett weg kriegen. Aber es gibt natürlich auch die ehrlichen, aufrechten Charaktere, klar. Und nebenbei überzeugt der Autor, selbst gebürtiger Partenkirchner, mit interessanten, subtil eingestreuten Geschichten und Fachwissen über die Historie unseres höchsten Berges. Überzeugender Clou des Ganzen ist die wirklich ungewöhnliche story, die mit immer neuen unerwarteten Wendungen und Verwicklungen aufwartet und zeigt, dass wirklich nichts und niemandem zu trauen ist. Aus der Masse der vielen mitwirkenden Akteure (insbesondere sei hier die wie ein Raubtier um sich beißende „Bundeskanzlerin“ ohne Namen genannt, die im Grunde mehr gegen die eigenen Reihen als gegen die Terroristen antreten muss; einfach genial) heben sich zwar eine Handvoll Hauptprotagonisten hervor, aber als so richtig selbstloser Held (bzw. Heldin) kommt auch aus der Fraktion der „Guten“ absolut keiner rüber. Das hält die Sympathien und Antipathien des Lesers bis zum Schluss schön unausgewogen. Aber letztlich sind sie alle nur Marionetten in einem streckenweise bitterbösen Spiel, in dem ganz Andere die Fäden in der Hand halten. Ein tolles Buch, sehr zu empfehlen. Mehr davon, Herr Ritter!

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