Babscha
Tja, so kann´s kommen, wenn die Menschheit nicht permanent auf Draht ist und immer und überall die Augen offen hält. Nämlich so, dass ein Virus unbescholtene Erdenbewohner nach ihrem Ableben in kürzester Zeit reanimiert und in grauenhafte, schlurfende, stöhnende Zombies verwandelt, immer auf der Suche nach lebenden Kreaturen, am liebsten Menschen, über die sie herfallen und die sie sich einverleiben können. Extrem widerstandsfähig und nicht ganz unintelligent sind sie dummerweise nur durch eine völlige Zerstörung des Gehirns zu eliminieren. Keine schöne Vision, aber eine, der sich der Autor in seinem Buch mit einer derart umfassenden, akribischen und damit überzeugenden Hingabe annimmt, dass die Lektüre trotz des eigentlich ziemlich abstoßenden Themas zu einem absolut außergewöhnlichen Erlebnis wird. Das Buch setzt ein nach dem Ende des „World War Z“, des weltweit geführten Kampfes der Menschen gegen die Untoten, den sie zuletzt gewonnen zu haben glauben. Brooks schlüpft in die Rolle eines Berichterstatters, der im Auftrag der UN auf der ganzen Welt mehr oder weniger traumatisierte Überlebende, Kriegshelden, Augenzeugen und einfache Bürger interviewt und in den einzelnen Kapiteln ihre Geschichte aus der verheerenden Zeit zum Besten geben lässt. Dies gelingt durchweg interessant, zumindest immer so, dass der Spannungsbogen nicht abreißt und man dran bleibt. Unglaublich, mit welcher Akribie sich der Autor in komplizierteste gesellschaftliche und militärische Sachzusammenhänge eindenkt, welche teils irre Szenarien er entwirft und wie er die Verzweiflung der Menschheit, die viel zu spät das wahre Ausmaß der Gefahr erkennt und dieser über weite Strecken hilflos ausgeliefert ist, glaubhaft macht und hierbei reale politische und globale Strukturen und Verwerfungen der Völker dieser Welt in seinem Bericht verwurstet. Allein Einzelkapitel wie der Bericht aus der ISS, die das ganze Elend zwar aus sicherer Distanz aus dem Weltraum beobachtet, sich aber dennoch einer feindlich gesinnten chinesischen Raumstation erwehren muss oder die Geschichte aus einem gestohlenen Atom-U-Boot, das, ausgestattet mit viel Gottvertrauen und einem nahrungsspendenden Nutzgarten, für Jahre teils bewegungslos in die Weltmeere absinkt, sind die Lektüre wert. Ein außergewöhnliches Buch, eine irre ideensprühende Vision, allerdings vorzugsweise für Leser mit Nehmerqualitäten in Sachen Ekeltoleranz.