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Babscha

Posted on 5.3.2020

Die Story: Daniel „Doc“ Torrance, der kleine Kerl, der vor vielen Jahren zusammen mit seiner Mutter und seinem psychopathischen Vater einen kompletten Horrorwinter im eingeschneiten Overlook-Hotel hoch in den Rocky Mountains verbringen musste und dort nur dank seines angeborenen „Shinings“, dem zweiten Gesicht, mit knapper Not überlebt hatte, ist erwachsen geworden. Die genetischen Hinterlassenschaften seines Vaters, dessen Gewalttätigkeit, Jähzorn und massive Alkoholsucht, halten ihn jedoch genau so im Würgegriff wie seine übersinnlichen Fähigkeiten mit den steten Erinnerungen an die grauenhaften Erlebnisse seiner Kindheit. Erst als er mit Anfang Dreißig in einer Kleinstadt in New Hampshire eine Stelle als Betreuer in einem Hospiz annimmt, ein paar gute und ehrliche Freunde gewinnt und sich den Anonymen Alkoholikern anschließt, kehrt so etwas wie Kontinuität in sein Leben ein, allerdings nur von kurzer Dauer. Das junge Mädchen Abra, wie er mit der Fähigkeit des Shinings in sogar extrem starker Ausprägung geschlagen, sendet ihm ungewollt einen mentalen Hilferuf, da sie aufgrund ihrer übersinnlichen Wahrnehmung den brutalen Mord einer Gruppe älterer Menschen an einem jungen Teenager im Geist miterleben musste und hierbei von diesen entdeckt wurde. Wie sich herausstellt, handelt es sich um eine verschworene Sekte gefährlicher Kreaturen, die mit ihren Wohnmobilen unablässig quer durch die USA fahren, immer auf der Suche nach ganz spezieller Nahrung, nämlich dem „Steam“ ihrer Opfer im Moment deren Todes. Und Abra ist ihr nächstes Ziel. Meine Meinung: 35 Jahre nach seinem ersten Roman „Shining“ erzählt King die Geschichte von Daniel Torrance hier endlich weiter. Und das macht er wirklich gut. Erzählerisch sind sowohl Autor wie Hauptprotagonisten natürlich in der Realität des 21. Jahrhunderts angekommen, was im direkten Vergleich der Bücher recht reizvoll ist und mit diversen subtil eingestreuten und teilweise direkt an den Leser adressierten Anspielungen und Querverweisen auf die Auswüchse der heutigen gesellschaftlichen Realität zudem sehr unterhaltsam. Die erzählte Horrorstory selbst ist ungewöhnlich, ideenreich und sehr spannend und wirkt aufgrund ihres sehr sorgfältig strukturierten Aufbaus wie aus einem Guss. Das wirkt ebenfalls positiv auf die Lesbarkeit und Verständlichkeit bei den streckenweise rasanten und verschachtelten Wechseln zwischen Handlungsrealität und telepathischer Kommunikation unter den Beteiligten. Was mir jedoch am Besten gefallen hat, ist, wie der Autor seine beiden Hauptprotagonisten, insbesondere natürlich die fast schon tragische Figur des Dan Torrance, in ihrer jeweiligen Komplexität gekonnt und gefühlvoll in Szene und in Verbindung zueinander setzt. Ein launiges Nachwort des Autors zu seinem Buch rundet das Ganze zuletzt gut ab. Ein wirklich gut geschriebenes, packendes Buch, das meines Erachtens allerdings am Besten funktioniert, wenn man sich vor seiner Lektüre zum besseren und intensiveren Verständnis den nicht minder guten Vorgängerband noch mal zu Gemüte führt.

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