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Babscha

Posted on 4.3.2020

Schon im Moment seiner Geburt im Jahr 1982 kommt Karl Heidemann mit der Welt nicht zurecht. Gesegnet oder besser geschlagen mit einem übersensiblen Gehör ist jedes Geräusch für ihn eine Qual. Es wird Jahre dauern, bis seine Eltern endlich erkennen, was es mit ihrem Sohn auf sich hat. Aber da ist im Grunde bereits alles schon zu spät. Der Junge ist vollständig verstummt und lebt isoliert von seinen Mitmenschen in einem Raum im Keller des elterlichen Hauses. Da ist keine normale Entwicklung möglich. Und irgendwann, unter so grauenhaften wie für ihn befreienden Umständen, stellt er fest: Er ist ein Todbringer, jemand, der den Menschen -zumindest aus seiner Sicht- Frieden und Ruhe schenken kann. Womit gleichzeitig die Marter in seinem Schädel zumindest zeitweilig erlischt. Von jetzt an geht er seinen Weg, eine blutige Spur von Tod und Verderben hinter sich lassend. Die außergewöhnliche Lebensgeschichte eines ungewollt außerhalb der Gesellschaft stehenden Menschen, eines durch seine verfluchte Gabe manisch und haltlos durch sein Leben Getriebenen, der erst im Laufe vieler Jahre so etwas wie humane Verhaltensnormen und Erkenntnis entwickelt. Der Autor lässt nicht zu, dass der Leser sich auf eine spezielle innere Perspektive zu seinem Protagonisten einpendelt. Mal brutales unmenschliches Scheusal, mal bedauernswertes geschundenes Opfer. Die Perspektive wechselt permanent. Bis zum traurigen, aber irgendwie auch versöhnlichen Ende. Auch so ein Buch, das man kaum beschreiben kann. Wer sich einlassen will auf eine schicksalhafte, ganz spezielle Lebensbeschreibung außerhalb jeder Kategorie, die zwar stellenweise in ihrer Virtuosität etwas übers Ziel hinaus schießt, insgesamt aber mit tiefer Emotionalität zu überzeugen weiß, der möge sich dieses Buch zu Gemüte führen und sich mitnehmen lassen auf eine Achterbahnfahrt zwischen Abscheu, Faszination und Mitleid. Die besondere, verschwurbelte Sprache des Werkes ist dabei das Salz in der Suppe. "Das Parfum" lässt grüßen.

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