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papierfliegerin

Posted on 4.3.2020

Schon während des Prologs schafft es Colin Hadler, eine sehr beklemmende, düstere und vor allem packende Atmosphäre aufzubauen. Die Neugier des Lesers wird definitiv geweckt und ordentlich angekurbelt, sodass aus meinem „kurz mal reinlesen“ schnell über 100 Seiten wurden. Das spricht auch definitiv für den Stil des jungen Autors. Mit einer gelungenen Mischung aus Bildgewalt, Sarkasmus, Humor und Tiefgang erzählt er uns von Camp Summerlake und bringt uns dabei auch noch die Charaktere näher. Es war beeindruckend zu verfolgen, wie gut sich die Szenen und Begebenheiten ineinanderfügten, ohne dabei überladen zu wirken. So verlor die Geschichte nichts an Glaubwürdigkeit durch den auftretenden Sarkasmus und auch die Figuren waren trotz tiefsinnigen Gesprächen größtenteils authentisch. Allgemein lässt sich das Buch unwahrscheinlich leicht und vor allem schnell lesen – man rauscht, nicht zuletzt auch wegen der immensen Spannung, nur so durch die Seiten. Ich für meinen Teil hatte dabei auch stets ein klares Bild vor Augen und konnte mich gut ins Geschehen hineindenken. Ein weiterer Punkt, der ins Auge sticht, sind oben genannte Figuren. Grob betrachtet treffen wir auf 15 Jugendliche und 3 Teamleiter; doch die Geschichte an sich dreht sich eher um ein paar wenige – trotzdem fällt auf, dass selbst der unwichtigste Charakter seine eigene Geschichte bekam und so einiges an Tiefgang gewann. Das Augenmerk liegt aber definitiv auf Lukas, der uns als Ich-Erzähler durch die Geschichte führt. Lukas, der von der ersten Sekunde an als sehr sympathsich erscheint und den Leser problemlos für sich gewinnen kann. Seine Eigenschaften, seien sie auch noch so komplimentär, harmonieren miteinander und er wirkt glaubhaft und lebendig. Mir gefiel vor allen Dingen sein Mut, den er immer wieder an den Tag legte und so die Führung übernahm. Sein Background ist gut ausgeleuchtet worden, sodass er greifbar und authentisch war und seine Handlungen bzw. Gedankengänge nachzuvollziehen nicht schwer fiel. Die Entwicklung, die er ohne Frage an den Tag legte, machte Spaß – so blöd es auch klingen mag. Doch zu beobachten, wie aus leichtgläubig und unbefangen plötzlich misstrauisch und unsicher wurde, tat der Geschichte definitiv gut. Gleich verhielt es dabei auch mit den anderen Jugendlichen bzw. eher mit dem Leser selbst. Während man anfangs noch alle als sympathisch und vertrauensvoll betrachtet, kommen recht schnell erste Zweifel auf. Mir gefiel die Vielschichtig,- und Undurchsichtigkeit aller enorm gut und es war beeindruckend zu sehen, wie Colin Hadler mit uns als Leser spielt. Am Ende tat man dann wohl dem ein oder anderen Unrecht, doch auch hier wurde eindeutig alles richtig gemacht und ausreichend falsche Fährten gelegt um die Spannung möglichst hoch halten zu können. An dieser allerdings ein kurzer Kritikpunkt. Wie schon einmal angeteasert, herrscht in dem Buch eine Menge Tiefsinnigkeit. Dies drückt sich vor allem durch die Dialoge zwischen den Charakteren aus. An der ein oder anderen Stelle empfand ich es aber als zu viel. Die philosophischen Gespräche, die zum Teil doch sehr poetisch ausfielen, häuften sich und gerade wenn man sich mal vor Augen führt, dass diese Philosophen gerade mal 16-18 Jahre alt sind, erscheint es fragwürdig, ob sich Jugendliche in dem Alter wirklich so unterhalten. Trotzdem tat es dem Buch an sich keinen Abbruch, es fiel mir nur auf und ich wollte es der Vollständigkeit halber erwähnt haben. Das Grundkonstrukt hinter „Wenn das Feuer ausgeht“ ist sicher bekannt – Sommercamp, Wald, ein paar Jugendliche, mysteriöse Vorkommnisse. Doch die Umsetzung, die glänzt! Nicht nur, dass sich der Plot enorm vielversprechend entfaltet und von Seite zu Seite mehr fesselt – er besticht durch jede Menge einfallsreiche Elemente. Immer wieder geschah unerwartetes, Wendungen an den unvorhersehbarsten Stellen und eine Atmosphäre, die einen mit Haut und Haaren umhüllt und nicht mehr loslässt. Die Spannung war also permanent, vom packenden Prolog bis zur überraschenden Auflösung, durchweg auf einem immens hohen Niveau gehalten und Ruhephasen wurden hier mit etwas ganz besonderem gefüllt: mit Dialogen, die an Tiefgang und Tiefsinnigkeit nicht zu überbieten sind. Immer wieder projezierte ich Gesagtes auf mich selbst und reflektierte; dachte nach und spürte den Nachhall des Ganzen. Während manche recht philosophisch ausfielen, waren manche einfach nur wunderschön und so aussagekräftig. Dazu kam, dass mich Colin Hadler mit seinen sarkastischen Beschreibungen immer wieder zum Schmunzeln brachte und so die Beklemmung kurzzeitig lösen konnte. Allerdings auch nur, um dann doppelt so hart zuzuschlagen und mich wieder erschrocken zusammenzucken und mit schreckgeweiteten Augen weiterhetzen zu lassen. Neben der Spannung und dem sehr zügigen Erzähltempo gab es aber auch gruselige Momente, Horror-ähnliche Szenen, die mich, genau so wie der Rest auch, komplett abholen konnte. Die Gänsehaut die immer wieder entstand, spricht eindeutig dafür. Ein kalter Schauer jagte den nächsten und als Leser freute man sich einfach, wenn man wieder eine Nacht überstanden – oder sollte ich sagen überlebt – zu haben. Nochmal alles etwas kompakter zusammengefasst: die Handlung baut sich sehr schnell und sehr einnehmend auf. Immer wieder kommen neue Fragen auf, die Zündstoff mit Miträtseln liefern. Fragen, die teilweise beantwortet, teilweise aber durch neue Fragen in den Hintergrund gerückt werden. Die dabei herrschende Atmosphäre spielt dem Buch ebenfalls in die Karten, denn loslassen tut sie einen während all den 328 Seiten keine einzige Sekunde. Man erwartet immer schlimmstes, erlebt dann aber einen noch viel schlimmeren Alptraum mit dem Figuren. Letztlich gipfelt dieser Jugendthriller in einem atemberaubenden Showdown, der es definitiv in sich hat. An Überraschungen kaum zu überbieten, passiert plötzlich alles Schlag auf Schlag und schnürt dem Leser im wahrsten Sinne die Luft ab. Plötzlich scheint alles klar; wieso ist man nicht viel früher drauf gekommen – wieso ging man denn so blind durch das Buch? Ich verrate es euch: weil man viel zu sehr mit mitfiebern, mitzittern und mitdenken beschäftigt ist. Eine Auflösung, die überzeugt und ein würdiges Ende für diesen gelungenen Roman ist. FAZIT: „Wenn das Feuer ausgeht“ von Colin Hadler ist ein Jugendthriller, den jeder – wirklich jeder – gelesen haben sollte! Neben all der Spannung, der Action, dem Horror und den Geheimnissen, birgt die Geschichte so viel Tiefgang, so viele neue Ansichten und so viel Stoff zum Nachdenken. Auch Charaktere, Setting und Atmosphäre überzeugen! Außerdem ist der Stil des jungen Autors definitiv ein weiteres Highlight des Buches. Für mich eine riesige Überraschung, die noch lange – sehr lange – in mir nachhallen wird. Danke für dieses großartige Erlebnis – von mir zurecht die volle Punktzahl.

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