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sommerlese

Posted on 4.3.2020

Großmama spricht alles offen und ehrlich aus und lenkt ihren subjektiven Blick voller Vorurteile auf die Erlebnisse mit ihrer Familie zur Zeit des Nationalsozialismus und des Krieges. Sie erzählt von ihrer Flucht und Vertreibung aus Deutschland, dann über die Auswanderung nach New York, die Emanzipation und über Kindererziehung. Witzig und tiefsinnig zugleich werden Anekdoten und Erlebnisse dieser Familie offen auf den Tisch gelegt. Der Auftakt des Buches gleicht schon einem Paukenschlag. Großmama redet von der mangelnden Spermiendichte ihres Mannes, die sie dafür verantwortlich macht, dass sie keine Söhne bekommt, sondern lediglich nur ein Mädchen. Und so geht es mit Standesdünkeln und herrschaftlichem Auftreten weiter. Allerdings zeigt sie Durchhaltewillen, weiß sich dem Nazi-Regime gegenüber zu behaupten und bringt ihre Familie dazu, in die USA auszuwandern. "Wenn man über fünfzig ist und beim Aufwachen tut einem nichts weh, ist man wahrscheinlich tot." So lautet ein Zitat Großmamas, welches so typisch ist für ihre Lebensanschauung und ihre Art von schrägem Humor. Besonders beeindruckt hat mich ihre Art zu erzählen, ihre Warmherzigkeit (sie schickt Care-Pakete an Leute, die für ihre Flucht verantwortlich waren) und ihr trockener Humor. Über die negativen Seiten möchte ich jetzt nicht viel sagen, denn sie ist inzwischen im Himmel. Von dort aus erzählt sie auch ihre Familiengeschichte. Hier handelt es sich schon um ein Frauenbuch. Männer werden stets als schwache Wesen bezeichnet und kommen generell nicht so gut weg. Es ist die Holocaust-Verarbeitung einer Deutschen, die aber in Amerika ebenfalls Standesunterschiede lebt.

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