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Babscha

Posted on 2.3.2020

Thomas und Mary, ein Ehepaar in England, beide Ende Fünfzig, zwei inzwischen erwachsene Kinder, gehobener Mittelstand. Und unglücklich. Beide. Vor allem Thomas, der sich seit Jahren fragt, was ihn eigentlich noch in dieser Beziehung hält. Der sich mit ständig wechselnden außerehelichen Affären beruhigt, ablenkt und betäubt. Und der nach einer gescheiterten Paartherapie jetzt halbherzig versucht, den Dingen im Rahmen einer Verhaltenstherapie bei einer gelangweilten, desinteressierten Analystin auf den Grund zu gehen. Zumindest hat er hier jetzt mal jemanden zum Reden. Das Buch ist das fragmentierte Gemälde einer klassisch gescheiterten, sprachlos gewordenen Beziehung nach dreißig Ehejahren, die hier punktgenau vom Autor in Szene gesetzt und mal empathisch, dann wieder mit ätzend-treffsicherem Humor seziert wird. Das streckenweise aus der Sicht des Ehemannes erzählte Drama schwelgt in Rückblenden, die den Leser in Jugend- und frühe, glücklichere Erwachsenenjahre der beiden Protagonisten entführen und vieles was ist verständlicher machen. Die Kapitel springen dabei hin und her durch alle Zeitebenen, was eine immer neue Orientierung beim Lesen einfordert. Nach und nach bekommt man ein Gefühl, wie und warum die Beiden so ticken wie sie es tun, er geprägt von einer Kindheit mit religionsfanatischen, durchgeknallten, lieblos-tumben Eltern in einem Pastorenhaushalt, immer unbeachtet und bis zur Halskrause voller Selbstzweifel, ein "Suchender", sie aus eher "gutem Hause", voller Spleens, eigenwillig und inzwischen erstarrt in einem Leben von klassischen gesellschaftlichen Konventionen, in denen Kochkünste mehr zählen als Verständnis und ein gutes, ehrliches Miteinander. Irgendwann macht Thomas dann zwar allem ein Ende, zieht zuhause aus, reicht die Scheidung ein, wägt aus allen Blickwinkeln neu ab. Was allerdings letztlich weder ihn noch seine Ehefrau weiter bringt, keiner kann aus seiner Haut, geschweige denn seine Denkweisen irgendwie verändern. Parks gelingt mit seinem Buch das offene, teils sarkastische Portrait einer bereits früh gescheiterten Durchschnittsehe, so richtig aus dem Leben, das trotz der desolaten Grundthematik großen Lesespaß bereitet und den schweren Teppich, unter den alltägliche kleine wie große Paarprobleme im Laufe langer Jahre gekehrt werden, mal kräftig literarisch durchlüftet. Und das einmal mehr zeigt, wie Kindheitserfahrungen einen Menschen für sein ganzes Leben prägen.

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