Babscha
August ist Mitte Dreißig, als sie im Jahr 2000 noch einmal zurückkehrt nach Brooklyn, um dort zusammen mit ihrem jüngeren Bruder den Vater zu beerdigen. Ihre Gedanken schweifen weit zurück in ihr früheres, noch glückliches Leben in einer intakten Familie in einem kleinen Ort in Tennessee, das jedoch jäh endet, als ihre Mutter beginnt, geistig zu umnachten und ihr Vater sodann 1973 alles zurück lässt und mit ihr und ihrem Bruder nach New York geht, um dort ein neues Leben zu beginnen. Und dieses Leben ist nicht gut für zwei schwarze, chancenlose Kinder im gefährlichen, drogenverseuchten New Yorker Ghetto der Siebzigerjahre. Während der Vater den Verlust seiner Frau nie verwindet und sein Heil später in einer Konversion zum Islam sucht, versuchen die Geschwister, irgendwie im realen Leben wie auch seelisch zu überleben. August findet den notwendigen Halt hier in einer verschworenen Gemeinschaft mit ihren Freundinnen Angela, Gigi und Sylvia. Diese Mädchenclique, ihr felsenfester Zusammenhalt als Bollwerk gegen alles und jeden wie auch deren spätere sowohl schicksalhafte wie auch naturgegeben-altersbedingte Erosion in den Teenagerjahren bildet den Kern dieser absolut umwerfenden, ergreifenden Geschichte, die gleichzeitig die erbarmungslose Welt des harten Straßenlebens zur damaligen Zeit hervorragend einfängt. Woodson, etwa im Alter ihrer Protagonistin August und selbst in Bushwick aufgewachsen, legt hier ein kleines, megafeines und tief unter die Haut gehendes Buch vor, den Rückblick einer gestandenen und erwachsenen, aber dennoch seelisch auf der Strecke gebliebenen Frau auf ihre eigene Kindheit und Jugend, in der so vieles so falsch, enttäuschend und schicksalhaft gelaufen ist. Ein Buch, das irgendwie ein Zeichen setzt, fasziniert und mittels seiner ganz besonderen, poetischen Sprache den Leser von Anfang bis Ende in die Seiten einsaugt. Aber das scheinen Bücher aus und über Brooklyn ja eigenartiger Weise sehr oft an sich zu haben. Absoluter Lesegenuss und ein literarisches Highlight!
